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Auserwählt

Text: journalito

Neulich lief der Film “Matrix” im Fernsehen. Ich habe ihn schon zig mal gesehen und dennoch sagen mir die Dialoge immer etwas anderes. Die Orakel-Szene habe ich plötzlich ganz anders wahrgenommen, habe mehr hinter den Worten gesehen als bloß Text. Ich begann mich zu fragen, ob das Orakel nicht in Wirklichkeit mit jedem Zuschauer spricht, wenn es fragt:



“Meinst du, du bist der Auserwählte?”



Ist es nicht so, dass jeder von uns etwas Besonderes in sich trägt, etwas Großartiges zu leisten vermag? Viele Menschen sprechen von sich als “dem kleinen Mann”, als jemandem in der großen Masse, der kaum auffällt. Dabei ist jeder von uns einzigartig, wir müssen es nur erkennen. Wenn Neo antwortet:



“Ehrlich, ich weiß es nicht.”



spricht Unsicherheit aus ihm. Wie sie uns alle oft verfolgt. “Was kann ich denn schon?” oder “Ich bin doch wie jeder andere.” Oft finden wir uns und unsere Talente alltäglich, ganz gewöhnlich, wir glauben nicht daran, dass in uns verborgen eine Kraft liegt, die wir kaum ermessen können. Wenn das Orakel im Film ausführt:



“Weißt du, was das bedeutet?” (Weist auf ein Schild über der Tür mit der Aufschrift Temet Nosce.) “Das ist Lateinisch und heißt: Erkenne dich selbst.”



habe ich das Gefühl, der Satz gilt uns allen. Mir und dir. Jedem von uns. Wenn wir uns selbst nicht kennen, wie sollen wir herausfinden, wo wir stehen, wozu wir in der Lage sind und wer wir sein können? Sich selbst erkennen. In diesem Satz steckt so viel Wahrheit. Sich selbst erkennen. Das heißt: nach innen schauen, sein Ich in all seinen Farben betrachten, sein Wesen in all seinen Facetten begreifen.



“Ich verrate dir ein kleines Gehemnis: Auserwählt zu sein, ist genauso wie verliebt sein. Niemand kann dir sagen, dass du es bist. Du weißt es einfach. Es fließt durch dich hindurch, vom Scheitel bis zur Sohle.”



Genauso ist es, denke ich. Wenn ich selbst nicht daran glaube, dass ich gut schreiben kann, werde ich auch allen anderen nicht glauben, die mir sagen, es sei so. Wenn ich meine Errungenschaften nicht selbst wertchätze, können andere diese in den höchsten Tönen loben, es wird mir nichts nutzen.



“…Du weißt bereits, was ich sagen werde.” – “Ich bin nicht der Auserwählte.” – “Leider nicht, Kleiner. Du hast die Gabe, aber es sieht so aus, als würdest du auf etwas warten.” – “Auf was?” – “Auf dein nächstes Leben vielleicht.”



Ist es nicht so, dass wir auf etwas warten, auf jemanden, der uns auf ein Podest stellt, obwohl das gar nicht nötig ist? Auf Möglichkeiten, die längst da sind, zum Greifen nah. Auf ein Gefühl, dass da sein sollte, um etwas zu tun oder zu lassen. Ich schätze, wir sollten alle glauben. So fest, dass diesen Glauben nichts erschüttern kann. So stark, dass uns nichts und niemand von diesem Glauben abbringen kann. Wir sollen an uns selbst glauben. Jeder von uns ist auserwählt. Ich und Du.






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