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Das Tier ist eindeutig die Katze hier

Text: matesino

Als Kind war meine Lieblingsserie Tom und Jerry. Nicht, weil ich die Maus Jerry besonders mochte, sondern weil ich es liebte, wenn Tom, der Kater, eins auf die Mütze bekam.



Schon damals habe ich das Konzept Katze als Haustier nicht verstanden. Das ist bis heute geblieben. Ich meine, wer will wirklich mit jemandem zusammenleben, der dir ständig auf den Teppich kotzt, in den Flur uriniert, in den Garten kackt und kein einziges Mal die Pakete der Nachbarn annimmt?



Niemand, denke ich, während ich unserer Katze den Napf mit Fressen fülle. Manchmal träume ich davon, dass sie Außerirdische entführen und Experimente an ihr veranstalten. Oder Albaner verschleppen und Lösegeld fordern. Und ich zahle es dann, aber nur unter der Bedingung, dass sie die Katze behalten. Im Kosovo oder wo auch immer.



Manchmal bin ich herzlicher und träume davon, dass sie einen netten Kater aus der Nachbarschaft findet und sie zusammen durchbrennen. Egel wohin, egal wie lange, Hauptsache weg. Hochzeitsgrüße brauch ich keine.



Wenn es nach mir ginge, hätte ich die Katze schon längst an den nächsten China-Imbiss verkauft, zu einer Handtasche verarbeitet oder per Post in den Nahen Osten verschickt.



Aber es geht nicht nach mir. Es geht nie nach mir. Immer bestimmen die anderen. In dem Fall meine Frau. Es ist ihre Katze und sie war da, bevor ich da war.



Beim ersten Date vor drei Jahren hätte ich ehrlich sein und sagen müssen: „Was, du hast ne Katze? Das finde ich scheiße, ich hasse nämlich Katzen. Aber ich mag dich. Und ein haariger kleiner Kroate in der Stube reicht ja. Entscheide dich jetzt: sie oder ich?“



Bei der Ansage hätte sich die Frau meines Lebens wohl gegen mich entschieden, obwohl ich schon damals mindestens genauso flauschig war wie eine doofe Katze, wohlig schnurrte, wenn man mich unterm Kinn streichelte und nur äußerst selten in den Flur pinkelte. Und fast nie in den Garten kackte.



Also habe ich gelogen, weil Männer beim ersten Date immer lügen, um die Frauen rum zu kriegen, und gesagt: „Was, du hast ne Katze? Oh, wie süß, ich liebe Katzen. Im Fernsehen habe ich schon oft welche gesehen. Kennst du Tom und Jerry?“



Die Rechnung zahle ich jetzt. Ich wohne mit einem Tier zusammen, das ich nicht ausstehen kann. Und das Schlimmste, dieses Tier liebt mich. Ich bin ihr Herrchen und Meisterchen. Sie legt sich auf mich, schmiegt ihr Fell an meines und leckt lieblich meine Hand, nachdem sie sich eine Sekunde zuvor mit der gleichen Zunge den Arsch geleckt hat. Das macht mich fertig, Freunde. Zuerst leckt sie ihren Arsch, dann meine Hand, da ist doch Berechnung dahinter.



Wie oft bin ich mit ihr schon zur nächsten Autobahnrasstätte, um sie auszusetzen mit den Worten: „Du bist jetzt frei, kleine Muschi, geh und fang ne Landmaus.“ Aber jedes Mal reißt sie ihre Augen auf, legt den Kopf zur Seite und miau, miau. Das erhitzt mein kaltes Gemüt. Ich nehme sie wieder mit und als Dankeschön pinkelt sie mir auf den Beifahrersitz.



Manchmal fühle ich mich wie die USA und die Katze ist von der Al Kaida. Eine fiese Attentäterin, mit der ich unter einem Dach wohnen muss. Und die ständig an ihrem Sprengstoffgürtel rumfummelt, respektive ihrem Arsch.



Während sie ständig hinterhältige Anschläge mit ihren Körperflüssigkeiten plant, möchte ich sie am liebsten in den Sack stecken und ein wenig waterboarden. Nur ein klitzekleines bisschen. Aber meine Frau, die Nato, hält mir die Tierrechte vor.



„Was, wenn wir dich waterboarden?“, fragt sie.
„Warum? Ich zerkratz nicht die Couch, lauf dir nie vor die Füße und bring auch mal den Müll raus“, entgegne ich verzweifelt.



Dann rüttle ich am Katzenklo wie seinerzeit die Ost-Deutschen an der Mauer und skandiere: „Die Katze muss weg. Die Katze muss weg.“



„Schluss jetzt“, sagt meine Frau. „Die Katze gehört zur Familie. Wie geben dich ja auch nicht weg.“



Ganz ehrlich, wenn ich so wäre, würde ich mich selbst weggeben. Egal wohin, egal wie lange, Hauptsache weg. Meinetwegen auch in den Kosovo.



Gestern hat die Katze endgültig das Pulverfass zum explodieren gebracht und regelrecht um Vergeltung gebettelt. Sie hat meine neuen Turnschuhe zerfetzt. Da konnte ich nicht mehr.



Ich stopfte sie in einen Sack, ging mit ihr ins Bad und stellte die Dusche an. Auf lauwarm. Sie sollte ja nicht frieren, während ich aus ihr herauströpfelte, welchen hinterhältigen Terrorakt sie als nächstes plante.



Da entdeckte meine Frau das Guantanomo Bad und die Lage eskalierte.



„Wie kannst du nur, du Tier?“ schrie sie.
„Na, das Tier ist ja wohl eindeutig die Katze hier!“, schrie ich zurück, doch meine Frau sah das anders. Sie steckte mich in den Transportkäfig und zu dritt fuhren wir an die nächste Autobahnraststätte.



Dort wurde ich ausgesetzt mit den Worten:
„Du bist jetzt frei. Geh und fang ne Landmaus.“ Aus dem Auto sah ich die Katze diabolisch grinsen. Das kann ja wohl nicht das Ende sein, dachte ich panisch und wimmerte, „aber ich gehör doch zur Familie“ – vergebens.



Gerade als meine Frau sich abwenden wollte, kam mir die rettende Idee. Ich riss meine Augen ganz weit auf, legte den Kopf zur Seite und miaute mir die Seele aus dem Leib. Miau. Miauuuuu. Das Herz meines Frauchens erweichte.



„Oh, mein kleiner haariger Kroate, du bist ja ganz ein Feiner“, sagte sie und streichelte mich unterm Kinn, worauf ich wohlig schnurrte. Dann fuhren die USA, die Al Kaida und die Nato nach Hause und schauten eine Folge Tom & Jerry.



Das Konzept Katze als Haustier hatte ich zwar immer noch nicht verstanden, aber man muss auch nicht immer alles verstehen, um friedlich neben einander zu, ach scheiß drauf, eines Tages mach ich das Vieh noch platt.



matysplanet.com

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