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Der Kreisel

Text: memao

„Ich bin ein Kreisel im leeren weißen Raum.“
Ein Gedanke, ein Gefühl, ein wiederkehrender Begleiter.
Heute blicke ich zurück zu diesem Satz.

Und während ich dies tippe, fürchte ich mich, schon wieder so zu schwadronieren. Doch diese Furcht ist eigentlich unnötig. Denn das wichtige Wort, der wichtige Ausdruck ist „zurück“ und „blicke ich zurück“. Der jetzige Augenblick, der sich von Augenblick zu Augenblick verändert, ist längst ein anderer.

Gestern las ich:
„Try to define ‚time‘ without the word ‚time’.“
Ich glaube, das habe ich soeben per Zufall geschafft.

Ein Kreisel definiert sich durch Bewegung. Ein Kreisel, der nur am Boden liegt, ist einfach nur irgendein Gegenstand aus Holz oder Plastik. Durch schnelle Drehung wird er erst zu dem, was er ist. Er dreht sich schnell und bleibt nie auf der selben Stelle. Die kleine winzige Spitze zeichnet ihren Weg wie von selbst. Wie weit dieser Weg ist, wird bestimmt davon, auf welche Art er sich in Bewegung setzt. Ob dieser Weg sich nur wenige Millimeter vom Ursprungspunkt entfernt oder ob der Kreisel an einem völlig anderen Ort wieder halt macht.


Der Kreisel streift womöglich das Grün der Wiese, das Blau des Himmels, das Braun warmen Holzes in der Sonne, das Glitzern eines Bachs oder das Rot der Liebe.

Der Kreisel zeichnet ein Bild in den weißen Raum, mit feinen Linien, die sich gegenseitig berühren und kreuzen, sich voneinander entfernen und sich kurz danach wiederfinden. Ein zartes Muster, stößt man den Kreisel nur einmal an, wird zu einem komplexen wunderbaren Gemälde, bleibt er auch danach immer wieder in Bewegung.


Der Raum ist nicht leer.
Er ist bunt.
Er trägt die Farben des Lebens.

Er ist schön. 







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