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Walzing Zwack. Kein Kindergeburtstag.
Es ist so. Es ist Kindergeburtstag. Auf unseren ersten Kindergeburtstag sind wir nicht eingeladen. Wir sitzen im Biergarten, kennen niemanden und niemand kennt uns und dann bekommt dieser Junge ein Feuerwehrauto geschenkt. Ein großes. Mit Batterien und dementsprechendem Blinken und Lärmen. Zwack schielt schon die ganze Zeit zu den Luftballons hinüber und fängt jetzt an, schmachtend um die Geburtstagssause zu schwänzeln. Die Oma des Geburtstagskinds verteidigt eisern das Revier, Zwack holt mich zur Verstärkung, zeigt mir das Auto, für das sich das Geburtstagskind keine Sekunde interessiert. Ich sage ihm, dass er es anschauen, aber nicht anfassen dürfe, weil es einem anderen Jungen gehört, der es zum Geburtstag geschenkt bekommen habe.
Das würde er ja wohl kaum verstehen, zetert die Oma, Nicht kaputt machen, es gehöre dem Enrico und dann sagt sie: „Deine Mama kauft Dir auch eins.“ „Nein“, sage ich und der Zwack sagt „Anschauen“, deutet auf alle Details, erklärt in gebührendem Abstand das Auto, immer unter den Argusaugen der Oma. Irgendwann kommt Enricos Mutter, nimmt das Auto aus der Schachtel, stellt es – unter Oma-Protest, wahrscheinlich also Schwiegermutter – vor den Zwack und drückt ihm ein Stück Kuchen in die Hand.
Die nächsten zwei Stunden verbringt Zwack mit dem Behüten des Feuerwehrautos, ihm auf der Pelle immer die fremde Oma, bis ihr endlich jemand Sekt einschenkt. Als wir gehen müssen, überlegen wir zwei Dinge: wie eisen wir den Zwack vom Feuerwehrauto los? Und: füllen wir jetzt Cola oder doch besser Milch in den Behälter, aus dem man das Löschwasser pumpen kann? (Nur für die Oma. Nicht wegen Enrico.) Wir entscheiden uns für keines von beiden, das Auto gehört ja nicht der Oma, auch wenn das nicht deutlich wird. Ich sage dem Zwack, dass wir jetzt gehen müssen und statt in Heulen auszubrechen, startet er noch einmal die Sirene, bringt das Auto zu Enricos Mama, winkt und klettert in den Fahrradanhänger. Ich staune. Er bekommt noch ein Stück Kuchen.
Auf den nächsten Kindergeburtstag sind wir eingeladen, ein Junge aus der Kita, der auch in der Nachbarschaft wohnt. Tim besorgt das Geschenk, eine orange Walze, ja, das Fahrzeug. Drei Tage vor dem Geburtstag entdeckt der Zwack die Walze und ruft: „WALZE! NEHMN! DA! WALZEEE! NEEEHMN!“ Ich erkläre ihm, dass die Walze für Bertl zum Geburtstag sei und lege sie irgendwo nach oben hinten in den Schrank. „NEEEHMN!“ plärrt der Zwack und setzt sich vor den Schrank. Irgendwann fruchtet eine Ablenkung und in den nächsten drei Tagen werden die Zeitspannen, die der Zwack „Walze NEEEHMN!“ vor dem Schrank verbringt, kürzer.
Dann kommt der Geburtstag. Ich packe „NEEEHMN! Zwack auch eine Walze! Zwack hat keine Walze! Zwack auch eine Walze! Walze nehmn!“ die Walze ein, erkläre ihm, dass wir sie dem Bertl schenken „MBAAAAAAAAAAAAAAA – NEEEEHMN! WALZEEEÄÄÄ!“ und er aber vielleicht im Laufe des Nachmittags damit spielen „NEEEEHMN! ZWACK WALZÄÄÄ NEEEHMN!“ kann. Ich drücke ihm eine Packung Salzbrezeln „ESSEN! WALZE NEHMN! ESSEEEEEN!“ in die Hand, packe ihn „WALZÄÄÄÄÄ! Zwack auch eine Walze!“ in den Wagen, wir gehen los. „PAPA WALZE SORGEN! Zwack auch eine Walze.“ – „Ja, wir können ja mal sehen, ob wir nochmal so eine Walze finden…“ (leises Schniefen) „…aber heute nicht mehr.“ – „MBAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA! WALZE SORGEN! Zwack hat keine Walze!“
Nach sieben weiteren „…aber heute nicht mehr.“ – „MBAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!“ kommen wir an, Zwack hat die Brezeln in der Packung gewissenhaft zerbröselt, drückt sie Bertl in die Hand, will das Geschenk aber nicht rausrücken. Bertl greift beherzt zu, packt aus, Zwacks vorgeschobene Unterlippe zittert. Dann kommen neue Gäste, in der Aufregung merkt der Zwack gar nicht, dass Bertl die Walze festhält, aufatmen, reingehen, ausziehen, Kuchen, genauer: Nussecken, weil mit Schokolade.
Ich atme auf. Der Zwack isst an diesem Nachmittag noch viele Nussecken, spielt beständig mit der „Die macht alles platt!“ Walze, lässt sie am Ende sogar recht widerstandslos da, pult der Katze im Ohr, nimmt noch die letzte Nussecke mit nach Hause (nachdem er auch die Gemüseplatte leergegessen hat, immerhin).
Strizzi übrigens ist auch dabei. Der schafft es, in einem unbeobachteten Moment die Seelenruhe von Katze zum Fauchen zu bringen. Als er mich sieht, krabbelt er betont desinteressiert davon, um ein paar Wasserbecher vom Tisch zu fegen und sich irgendetwas in den Mund zu stopfen.
Ich weiß nicht, ob Geburtstage, auf die man nicht eingeladen ist, die entspannteren sind. Ich weiß auch nicht, ob man uns künftig mehr als einmal einlädt. Ich weiß nur, dass jemand (nicht ich!) dem Zwack ein kleines Feuerwehrauto geschenkt hat. Es blinkt. Es lärmt. Er liebt es. Ich verbringe meine Nachmittage seit Kurzem damit, Lego-Walzen zu bauen. Das Leben ist kein Kindergeburtstag.
Das würde er ja wohl kaum verstehen, zetert die Oma, Nicht kaputt machen, es gehöre dem Enrico und dann sagt sie: „Deine Mama kauft Dir auch eins.“ „Nein“, sage ich und der Zwack sagt „Anschauen“, deutet auf alle Details, erklärt in gebührendem Abstand das Auto, immer unter den Argusaugen der Oma. Irgendwann kommt Enricos Mutter, nimmt das Auto aus der Schachtel, stellt es – unter Oma-Protest, wahrscheinlich also Schwiegermutter – vor den Zwack und drückt ihm ein Stück Kuchen in die Hand.
Die nächsten zwei Stunden verbringt Zwack mit dem Behüten des Feuerwehrautos, ihm auf der Pelle immer die fremde Oma, bis ihr endlich jemand Sekt einschenkt. Als wir gehen müssen, überlegen wir zwei Dinge: wie eisen wir den Zwack vom Feuerwehrauto los? Und: füllen wir jetzt Cola oder doch besser Milch in den Behälter, aus dem man das Löschwasser pumpen kann? (Nur für die Oma. Nicht wegen Enrico.) Wir entscheiden uns für keines von beiden, das Auto gehört ja nicht der Oma, auch wenn das nicht deutlich wird. Ich sage dem Zwack, dass wir jetzt gehen müssen und statt in Heulen auszubrechen, startet er noch einmal die Sirene, bringt das Auto zu Enricos Mama, winkt und klettert in den Fahrradanhänger. Ich staune. Er bekommt noch ein Stück Kuchen.
Auf den nächsten Kindergeburtstag sind wir eingeladen, ein Junge aus der Kita, der auch in der Nachbarschaft wohnt. Tim besorgt das Geschenk, eine orange Walze, ja, das Fahrzeug. Drei Tage vor dem Geburtstag entdeckt der Zwack die Walze und ruft: „WALZE! NEHMN! DA! WALZEEE! NEEEHMN!“ Ich erkläre ihm, dass die Walze für Bertl zum Geburtstag sei und lege sie irgendwo nach oben hinten in den Schrank. „NEEEHMN!“ plärrt der Zwack und setzt sich vor den Schrank. Irgendwann fruchtet eine Ablenkung und in den nächsten drei Tagen werden die Zeitspannen, die der Zwack „Walze NEEEHMN!“ vor dem Schrank verbringt, kürzer.
Dann kommt der Geburtstag. Ich packe „NEEEHMN! Zwack auch eine Walze! Zwack hat keine Walze! Zwack auch eine Walze! Walze nehmn!“ die Walze ein, erkläre ihm, dass wir sie dem Bertl schenken „MBAAAAAAAAAAAAAAA – NEEEEHMN! WALZEEEÄÄÄ!“ und er aber vielleicht im Laufe des Nachmittags damit spielen „NEEEEHMN! ZWACK WALZÄÄÄ NEEEHMN!“ kann. Ich drücke ihm eine Packung Salzbrezeln „ESSEN! WALZE NEHMN! ESSEEEEEN!“ in die Hand, packe ihn „WALZÄÄÄÄÄ! Zwack auch eine Walze!“ in den Wagen, wir gehen los. „PAPA WALZE SORGEN! Zwack auch eine Walze.“ – „Ja, wir können ja mal sehen, ob wir nochmal so eine Walze finden…“ (leises Schniefen) „…aber heute nicht mehr.“ – „MBAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA! WALZE SORGEN! Zwack hat keine Walze!“
Nach sieben weiteren „…aber heute nicht mehr.“ – „MBAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!“ kommen wir an, Zwack hat die Brezeln in der Packung gewissenhaft zerbröselt, drückt sie Bertl in die Hand, will das Geschenk aber nicht rausrücken. Bertl greift beherzt zu, packt aus, Zwacks vorgeschobene Unterlippe zittert. Dann kommen neue Gäste, in der Aufregung merkt der Zwack gar nicht, dass Bertl die Walze festhält, aufatmen, reingehen, ausziehen, Kuchen, genauer: Nussecken, weil mit Schokolade.
Ich atme auf. Der Zwack isst an diesem Nachmittag noch viele Nussecken, spielt beständig mit der „Die macht alles platt!“ Walze, lässt sie am Ende sogar recht widerstandslos da, pult der Katze im Ohr, nimmt noch die letzte Nussecke mit nach Hause (nachdem er auch die Gemüseplatte leergegessen hat, immerhin).
Strizzi übrigens ist auch dabei. Der schafft es, in einem unbeobachteten Moment die Seelenruhe von Katze zum Fauchen zu bringen. Als er mich sieht, krabbelt er betont desinteressiert davon, um ein paar Wasserbecher vom Tisch zu fegen und sich irgendetwas in den Mund zu stopfen.
Ich weiß nicht, ob Geburtstage, auf die man nicht eingeladen ist, die entspannteren sind. Ich weiß auch nicht, ob man uns künftig mehr als einmal einlädt. Ich weiß nur, dass jemand (nicht ich!) dem Zwack ein kleines Feuerwehrauto geschenkt hat. Es blinkt. Es lärmt. Er liebt es. Ich verbringe meine Nachmittage seit Kurzem damit, Lego-Walzen zu bauen. Das Leben ist kein Kindergeburtstag.
Ja, es war schon lange nicht mehr Montag. Aber ich versuche Besserung.