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Kochbücher für Studenten sind voller Klischees und Unsinn

Was in jedem Studentenkochbuch drinsteht: Nudeln mit Sauce.
dpa Fotograf: Jens Wolf

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„Ananas-Sahne-Traum“ heißt das traurige Häufchen aus klebrig-glänzenden Obststückchen, ein paar Tupfern Dosensprühsahne und Schokosoße. Und wirklich, in den Zutaten stehen: Schokoladenglasur, ein Becher Sahne und eine Ananas. Ein Löffel Nutella gäbe ein ähnlich raffiniertes Dessert ab. Der „Ananas-Sahne-Traum“ stammt aus dem Kochbuch „Satt durch alle Semester“. Wie die meisten Studentenkochbücher ist es eine triste Lektüre. Auf den Titelseiten dieser Bücher stehen immer die gleichen Floskeln und Wortspiele: „Studentenfutter“, „Probieren geht über Studieren“. Sie sind auch immer gleich aufgebaut: Schnitzel und Pfannkuchen (Kapitel „Futtern wie bei Muttern“), Chili con Carne und Tiramisu (Kapitel „WG-Party“) und natürlich: viel Pasta. Die trostlose Rezeptauswahl ist nicht einmal das Problem. Auch nicht die unappetitlichen Fotos und die quietschige Grafik. Das Problem beginnt viel früher: bei der Idee des Studentenkochbuchs.

Es gibt Menschen, die eigene Kochbücher brauchen. Diabetiker. Oder Allergiker. Vielleicht auch (Teilzeit-)Veganer. Studenten brauchen kein eigenes Kochbuch, genauso wenig wie Erdkundelehrer. Warum auch? Feuerwehrfrauen haben auch keine Feuerwehrfrauenkochbücher im Regal stehen. Doch in fast jeder Studenten-WG liegt mindestens ein Studentenkochbuch. Kochbücher für angehende Akademiker werden regelmäßig Bestseller. Der Markt ist inzwischen unüberschaubar: Knapp 200 deutschsprachige Ergebnisse liefert eine Suche auf Amazon, allein 2014 ist die Liste um etwa zehn Neuerscheinungen länger geworden.

Wie Studenten kochen und essen, lässt sich nicht zusammenfassen. Trotzdem bedienen diese Bücher immer dieselben Klischees. Billig muss ein Studentenessen sein, die Zubereitung darf möglichst wenig Zeit kosten. Das mögen für manche Studenten die beiden wichtigsten Kriterien bei der Nahrungsaufnahme sein. Aber sicher nicht für alle. Nicht mal für die meisten.

Studentenkochbücher beginnen immer mit einem verkappten Vorwurf: Studenten sind faul und unselbstständig. In jedem Vorwort steht etwas wie „Der Pizzaservice wird irgendwann langweilig“, „Wer will schon jeden Tag in der Mensa essen?“ und „Schon wieder Dosensuppe, Tütennudeln oder Tiefkühlpizza?“

Und selbst wenn Studenten die unreifsten Menschen dieses Planeten wären: Diese Art von Kochbüchern wäre nicht das richtige Gegenmittel. Weder „Ananas-Sahne-Traum“ noch „Cola-Braten“ begeistern angeblich kochfaule Studenten für den Herd. Der Ratschlag, aus zwei Packungen Maggi-Fix, drei Bechern Sahne und vier Schnitzeln „Zwiebelschnitzel“ zu machen, auch nicht. Dafür braucht man kein Kochbuch. Nicht mal ein Pixi-Kochbuch!

Außerdem gibt es längst Grundlagen-Kochbücher für Kochanfänger. Darin stehen Rezepte für Rührei (ja, man kann da wirklich viel falsch machen!) oder Nudeln mit brauner Butter und Parmesan. Sie erklären, was ein Wasserbad ist und dass Käse ins obere Fach im Kühlschrank gehört. Dass für den Kochalltag eine Pfanne und mindestens zwei Kochlöffel hilfreich sind, wie man Nudeln al dente kocht und wie man ein Schnitzel paniert. Für diese Weisheiten braucht man keine Studentenkochbücher.

Mittlerweile gibt es sogar einzelne hübsche Exemplare, mit matter Instagram-Optik, mit Kapiteln über graue-Zellen-förderndes Brain Food vor der Prüfung und Anleitungen für Kimchi und Panir. Viele dieser Bücher haben ihre Berechtigung, weil schnelle, einfache Rezepte nun mal ihre Berechtigung haben. Nur „Studentenkochbücher“ müssten sie nicht heißen. Und das mussten sie noch nie. Wie man Spaghetti Bolognese kocht, von denen die Freunde noch Wochen später erzählen, wollen nicht nur Erstsemester wissen, sondern auch Schneiderlehrlinge und Grafik-Azubis.

Die meisten Studentenkochbücher sehen aus, als hätten Eltern gebrainstormt, was ihre studierenden Kinder wohl „knorke“ finden könnten – und das, obwohl die Bücher teilweise in Kooperation mit Unis erscheinen oder sogar von Studenten verfasst sind. Buttons mit der Aufschrift „Cook mal!“ findet man da, auf die Buchseiten kopierte Farb- und Soßenspritzer und Rezeptnamen wie „Muscle Man Omelette“, „Krawumm-Auflauf“ und „Gustls guter Nudelsalat“. Vermutlich ist das sogar Absicht. Denn: Nur Eltern kaufen Studentenkochbücher. Eltern, die sich sorgen, dass ihre Kinder nicht mehr ordentlich essen, sobald sie ausgezogen sind. Sie sind die wahre Zielgruppe der Verlage. Eigentlich sollten diese Rezeptsammlungen anders heißen: „Studentenelternkochbücher“.

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