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Rikscha-Tagebuch: Alle anders

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Als Rikschafahrer hat man das Ziel, so viele Leute wie möglich zu fahren. Da man aber nicht jeden anquatschen kann, filtert man seine potenziellen Gäste irgendwann automatisch. Nach einer gewissen Zeit habe ich ein gutes Auge dafür bekommen, wen es anzusprechen lohnt. Ein wichtiges Kriterium meiner Vorauswahl ist die Nationalität der Wiesn-Besucher. Klar nimmt man sich vor, jeden gleich zu behandeln. Da „Racial Profiling“ beim Rikschafahren aber so effektiv ist, mache ich es trotzdem die ganze Zeit.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ich spreche zum Beispiel gezielt Russen an – in der Hoffnung auf einen spendierfreudigen Oligarchen zu treffen. Schweizer fahren auch immer gerne mit. Weil sie die teuren Franken gewohnt sind, ist die Wiesn für sie beinahe ein Schnäppchen-Paradies. Besucher aus anglo-amerikanischen Ländern sind meistens sehr freundlich und geben auch gerne Trinkgeld. Nur bei besoffenen Engländern muss man aufpassen – die ziehen sich gerne mal aus. Am beliebtesten bei Rikschafahrern sind aber die Araber aus den Golfstaaten. Die haben meistens viel Kohle und mögen es, durch die Gegend kutschiert zu werden. Leider trinken sie normalerweise keinen Alkohol – auf der Wiesn sucht man sie also vergeblich.  

Japaner dagegen gehen gerne auf die Wiesn und trinken auch mal ein Bier zu viel. Mitfahren wollen sie trotzdem nie bei mir. Als ich mit dem Rikschafahren anfing, habe ich monatelang den Grund dafür gesucht. Sind sie zu sparsam? Laufen sie lieber zu Fuß? Auf der letzten Wiesn hat mich dann ein Rikschakollege aufgeklärt. Der hat mal Japanologie studiert. Seine These: Japaner sind zu höflich, um bei mir einzusteigen. Sie könnten es mir nicht zumuten, für sie zu strampeln, während sie es sich hinten gemütlich machen. Besonders nicht als Gäste in einem fremden Land.  

Obwohl ich so viele ausländische Touristen fahre, kommt der Großteil meiner Gäste aus Deutschland. Die meisten von ihnen sind angenehm. Eine Ausnahme bilden die Münchner. Die denken oft, dass sie sich besonders gut auskennen und feilschen um jeden Euro. Eine Methode, solchen Leuten aus dem Weg zu gehen, habe ich leider noch nicht gefunden.

Folge verpasst? Das komplette Rikscha-Tagebuch kannst du hier nachlesen. 

Text: alexander-gutsfeld - Foto: himberry/ photocase.de

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