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Täubchen tätscheln.

Text: Killingmesoftly
Wenn man in der Mittagspause vor einer kleinen Backwaren-Station Schlange steht. Lasst uns diesen Moment genießen. Gar nicht so leicht. Ich weiß. Man wartet - mit knurrenden Magen - bis sich die 17 Menschen vor einem was gekauft haben, überglücklich den stickig, heißen Raum verlassen und man selbst endlich der Nächste ist. Diese Vorfreude! Und dann realisiert man, dass genau das, worauf man Heißhunger schiebt, leider schon vergriffen ist. Und nein, ich will kein Cordon-Bleu.
Ich zehre lieber an meinen zerplatzten Träumen, die mich selbst und einem Schnitzel-Brötchen involvieren. Das Ganze ähnelt dann der Kraken-Szene aus "Fluch der Karibik". Mein Magen der Kraken und Johnny Depp das Schnitzel-Brötchen. Wie schön.
Fast schon satt wirkt der kleine Park mit seinen beschmierten Bänken und dreckigen Grünflächen beinahe romantisch. Undankbar, nicht wahr? Ich weiß es tief in mir doch sehr zu schätzen, dass es so etwas wie "Wiesn" - nicht zu verwechseln mit dem wohl größten öffentlichen Besäufnis dieses Planeten - gibt. Außerdem zum allgemeinen Verständnis: Ich bin ein großer Fan von öffentlichen Ereignissen. Von meinen verwirrenden Gedanken abgesehen, scheint die Sonne. Faszinierend diese kleinen schwarzen Löcher, die erscheinen, sobald man ein paar Sekunden ins Licht schaut. Dies zu lang zu tun ist jedoch nicht zu empfehlen. Und ihr wisst es.
Eine Taube setzt sich dann irgendwann neben mich auf eine dieser beschmierten Bänke.
Genau genommen sitzt sie nicht, sie steht und schaut mich - meiner Meinung nach - verwirrt und leicht psychopatisch an. Direkt in die Augen. Noch dazu wippt ihr Kopf in regelmäßigen Abständen von der einen auf die andere Seite. Hätte sie ein Messer, würde sie es einsetzten. Da bin ich mir sicher.
Aber auch wenn ich diese Kreatur für nicht besonders ästhetisch, etwas dreckig und geisteskrank halte, so wird mir auf einmal bewusst, dass ich totale Scheiße denke. Der erste Eindruck zählt, nicht wahr?
Und dann kommt mir dieses Täubchen immer näher, bis sie knapp vor meinem Bein den Kopf senkt und irgendetwas mit ihrem kleinen Schnäbelchen erpickt. Auf eine seltsame Art uns Weise strahlt dieses Täubchen eine Ruhe aus, die mich fasziniert. Fragt mich nicht warum, aber ich strecke die Hand nach ihr aus um sie zu streicheln. So als kleines Dankeschön. Aber sie weicht zurück, lässt sich nicht berühren, starrt mich mit vollem Mund an und fliegt davon.
Wahrscheinlich zu ihrer kleinen Täubchen-Kommune.
Und da macht sich auf einmal ein schlechtes Gewissen in mir breit. Mein Magen unterstreicht das ganze auch noch. Hätte ich doch nur das Cordon-Bleu genommen.

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