Normandiewind
Die Straßen sind ganz leer, nur hin und wieder ein humpelndes Auto mit müdem, überarbeitetem Gesicht an die Scheibe geklebt. Wir sitzen auf verlassenen Fahrradständern, Kippe in der einen Hand, die andere in unsere dicken Jacken gekuschelt.
Dienstags, 7 Minuten vor Mitternacht ist selbst die Hauptstraße am Strand entlang unangetastet. Du, ohne Hände am Lenker, Zigarette noch angezündet. Ich soll auch das Fahrrad loslassen, die Kontrolle übernehmen, Gleichgewicht halten. Ich fliege. Du hast mir fliegen beigebracht. Arme breit um den Wind zu fühlen, Fahrtwind, Seewind, Wind zwischen meinen Zähnen.
Fahrräder hingeschmissen, Rücken an Rücken ohne Schloss. Der Mond ist orange und kitschig voll, das Meer zum küssen nahe. Du hast es noch nie so hoch gesehen. Flut. Wind zieht an unseren Zigaretten, bläst in unsere Jacken, fließt zwischen unsere Hände.
Ich träume diese Nacht von orangen Monden und Normandiewind, ganz ganz weit weg von dir.