Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Was tue ich gegen Angst vor Hunden?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Ich habe Angst vor Hunden. Punkt. Ich weiß, dass es eine große tierliebende Lobby gibt, die diesen Satz so nicht stehen lassen kann und versucht, ihn mit „Aber er tut bestimmt nichts“ oder „Aber er will doch nur spielen“ herunterzuspielen. Ich empfinde diese Antworten als respektlos, denn ich habe Angst vor Hunden. Punkt.

Jedes Kind ist von Natur aus tierlieb, ich war es vermutlich auch, aber das ist lange her. Mit acht Jahren wurde bei mir eine Hundehaarallergie festgestellt, von da an hielt ich mich von Hunden fern. Je größer der Bogen wurde, den ich um sie machte, desto mehr Ängste baute ich auf. Immer, wenn mir ein Hund unangeleint auf dem Bürgersteig entgegen kam, wechselte ich die Straßenseite. Immer, wenn mir ein Hund beim Joggen nachlief, bekam ich Panik, drehte um und nahm diese Route nie wieder. Mich stresst diese Angst. Und die Hunde stresst sie auch. Sie riechen meine Panik, denn in einer Gruppe von Leuten bin immer ich es, die angebellt wird.

Ich will meinen Frieden finden mit den Viechern, also gehe ich zu einem Hundetrainer. Olaf Eggelmeyer ist Hundeversteher: Über 20 Jahre war er Trainer in einer Hundeschule im Odenwald, seit vier Jahren arbeitet er in einem portugiesischen Hundeheim. Er nimmt meine Angst ernst: „Du fürchtest dich vor Hunden, weil du sie nicht kennst und ihre Signale nicht deuten kannst. Damit konstruierst du eine Angst vor dem Unbekannten, eine Angst vor etwas, was gar nicht passiert. Oder hat dir tatsächlich schon einmal ein Hund was getan?“ Nein, natürlich nicht. Es stimmt schon, die Angst ist nur in meinem Kopf, aber da ist sie schlimm. Dort läuft ein Horrorfilm, in dem fletschende Zähne und scharfe Krallen die Hauptrolle spielen.

Ich treffe Olaf Eggelmeyer bei ihm zu Hause, dort warten sechs Hunde auf mich. „Sie werden dich begrüßen, jeder auf seine Art“, sagt er, „Cookie wird dich anspringen, weil sie sich freut, Nicky wird nur an deinen Füßen riechen.“ Es hilft mir sehr, zu wissen, was mich erwartet, und ich lasse das Begrüßungszeremoniell über mich ergehen. Während die Hunde an meinen Zehen lecken und mich hüfthoch anspringen, involviert mich Eggelmeyer in ein Gespräch. „Unterhalte dich weiter mit mir, schaue die Hunde gar nicht an, ignoriere sie, dann verlieren sie schnell das Interesse“, ruft er mir zu. Er hat Recht. Nach nur einer Minute laufen die sechs Hunde völlig unaufgeregt zurück zum Haus, mich haben sie weder gebissen noch anderweitig verwundet.

„Ein Hund will dem Menschen nie etwas Böses tun“, sagt Eggelmeyer. Wenn das Tier einem Jogger oder einem Radfahrer bellend hinterher rennt, folge es lediglich seinem Jagdinstinkt. Im Grunde müsse der Radfahrer absteigen und kurz Pause machen, dann fände ihn der Hund sofort langweilig und würde umdrehen. Zeige der Hund tatsächlich aggressives Verhalten, mache er das nur aus seiner eigenen Angst heraus. „Man sollte dem Hund dann Zeichen geben, dass er keine Angst haben muss“, rät der Hundetrainer, „zum Beispiel die Lippe lecken, den Kopf zur Seite legen, das sind typische Beschwichtigungszeichen aus der Hundewelt.“

Ich merke mir die Regeln und frage mich gleichzeitig, ob es damit wohl getan ist. Mir fehlt einfach der natürliche Umgang mit Tieren. Doch Olaf Eggelmeyer baut mich auf: „In der Hundeschule waren mir die Leute am liebsten, die ohne jegliche Erfahrung mit einem Welpen ankamen und sagten: Bitte hilf mir. Sie waren offen und haben sehr schnell gelernt, toll mit Hunden umzugehen.“

Während Eggelmeyer und ich auf seiner Terrasse sitzen, wuseln die sechs Hunde unter dem Tisch herum. Sie spielen miteinander, ohne besondere Aufmerksamkeit von ihrem Herrchen zu bekommen. In Eggelmeyers Lebenskonzept gehören Hunde einfach dazu. Diese Selbstverständlichkeit im Umgang mit den Tieren strahlt Ruhe aus, die mir hilft, mich an ihre Anwesenheit zu gewöhnen. Von Stunden zu Stunde werde ich entspannter. Was Mini, eine kleine Terrier-Dame, wohl riecht. Sie hopst auf meine Bank und legt sich auf meinen Schoß. Ich habe gar nichts dafür getan, mich bisher nur im Ignorieren gut geschlagen. Olaf Eggelmeyer lächelt, er ist sehr zufrieden mit mir, und ich bin es im Moment auch.  

Katharina Häringer, 26, geht nun entspannter mit Hunden um. Wenn sie an der Isar von einem Hund nassgespritzt wird, der sich gerade trocken schüttelt, findet sie das aber immer noch nicht lustig.
5 Tipps für den Umgang mit Hunden:

1. Vermeide direkten Blickkontakt, vor allem bei fremden Hunden, weil das auf sie bedrohlich wirkt und eine Reaktion herausfordert. Hunde setzen Blickkontakt untereinander ein, um sich zu verständigen und um zu signalisieren, wer der Stärkere ist.

2. Mund zu. Wenn Hunde zähne Zeigen, drohen sie. Da kann das Lächeln eines Menschen noch so nett gemeint sein.

3. Nicht in Slow-Motion-Bewegungen verfallen. Wenn der Mensch aus Angst heraus plötzlich ganz langsam wird und um den Hund herumschleicht, anstatt ganz normal weiterzugehen, fällt das dem Hund auf.

4. In der Hundewelt gibt es Beschwichtigungssignale, die man auch als Mensch einsetzen kann: die Oberlippe lecken, den Kopf zur Seite drehen oder gähnen. Wenn ein Hund Angst hat oder aufgeregt ist, kann man so entgegensteuern und die Situation entspannen.

5. Das Verhältnis zum Tier zulassen. Auch Menschen, die nicht mit Tieren groß wurden, können zu jeder Zeit lernen, mit ihnen umzugehen und eine Beziehung aufbauen. Das Sprichwort "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" lassen Hundetrainer also nicht gelten.

Text: katharina-haeringer - Cover: Tilla Eulenspiegel / photocase.de

  • teilen
  • schließen