Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Der ganz normale Wahnsinn

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Ich habe da ein Problem mit meinem morgendlichen Timing. Manchmal bin ich ein bisschen zu früh dran, viel öfter ein paar Minuten zu spät, aber nie genau richtig. Ich bin nicht sicher, ob es meinen Kollegen bereits aufgefallen ist. Sie haben mich zumindest noch nie darauf angesprochen. Zum Glück. Denn dann hätte ich vor ihnen ein Geständnis ablegen müssen müssen: Ich bin besessen.  

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Eigentlich müsste ich mich nämlich nur an die eine Aufsteh-Formel halten, die ich selbst errechnet habe: Den Wecker auf 7:30 Uhr stellen. Dann würde ich pünktlich um 8:00 Uhr auf meinem Fahrradsattel und streberisch um 8:30 Uhr in der Redaktion sitzen. Bloß finde ich diese Nummer so ekelhaft: 7:30. Sie ist mir viel zu ungerade, außerdem mag ich weder die 3 noch die 7. Die 0 könnte ich grade noch so ertragen, aber nicht in der Kombination. Warum weiß ich nicht. Fest steht nur, dass ich eine andere Zeit in meine Wecker-App eingeben muss, um mit gutem Gefühl in den nächsten Tag starten zu können. Als Aufwachzeit kommen für mich 7.20 Uhr oder 7.40 Uhr in Frage – meistens tendiere ich zu Letzterem, weil ich Frühaufstehen fast so sehr hasse wie ekelhafte Zahlen.  

Ich glaube, ich bin irgendwie zwangsgestört bei dieser einen Sache. Oder paranoid. Zum Glück weiß ich, dass es vielen anderen auch so geht. Sie haben es mir erzählt, wirklich. Ich möchte sie nur nicht verpfeifen – insbesondere nicht die Kollegin mit der Todestag-Theorie (einige Tage scheinen ihr aufgrund einer bestimmten Zahlenkombination besonders geeignet für ihr persönliches Todesdatum und an solchen Tagen hat sie besonders viel Angst).

Interessanter sind sowieso die Verschwörungsvorwürfe der Menschen mit Ahnung von Wurzeln, Quersummen und absurden Ideen. Meistens suchen sie sich traurige Ereignisse wie den Einsturz des World Trade Centers oder den Absturz der Maschine MH17 über der Ostukraine für ihre wilden Theorien heraus. Die ist nämlich nach 17 Jahren Flugzeit (angeblich war ihr Absturzdatum, der 17. Juli, auch der Tag an dem sie vor genau 17 Jahren das erste Mal abhob) abgestürzt. Kann, soll, muss das ein Zeichen, ein Beweis für irgendwas sein? Gibt es doch verborgene Regelmäßigkeiten in der Welt, die wir anhand von Zahlen kapieren könnten?    

Eher nicht. Aber um beim Thema zu bleiben: Wie ist das bei dir? Hast du auch eine persönliche Verschwörungstheorie? Oder einen Zahlen-Tick? Wann wirst du zwangsgestört oder paranoid?   


Text: daniela-gassmann - Foto: dpa

  • teilen
  • schließen