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Die textliche Wärmestube

Text: viceroyfromspace
Heute habe ich mir mal vorgenommen, zielgruppenorientiert zu schreiben, will heißen jung und dynamisch. Während ich diesen Text verfasse, dröhnt im Hintergrund ein Plastikmusik-Remix. Du, imiginärer Leser, dem ich großzügig ein Bewusstsein zuschreibe, willst etwas für deine Aufmerksamkeit. Du willlst vermutlich "cheap kicks": Witzige, spritzige Beobachtungen; traurige, triste Beobachtungen; nützliche, alltagsrelevante Beobachtungen.

Ich bin also mal das Äquivalent zum Plastikmusik-Komponisten. Ich bin der Plastiktext-Autor.
Wir alle werden sinnlos in die Welt geworfen, ohne das je bestelllt oder gewünscht zu haben, keine Frage. Die meisten Menschen entdecken aber die speziellen Eigenschaften ihrer neurochemischen Maschinerie und genießen fortan bestimmte Teile ihres Lebens. Sie lieben das Leben, wollen in ihrer Bedeutung und Wichtigkeit aber dennoch immer wieder bestärkt werden. Das tue ich jetzt. Ich liefere identitätsstiftenden Schwafel. Ich schaffe aus euch, zufallsgenierte Menschen ohne Relevanz, eine Gemeinschaft.

"Wie soll das gehen, allmächtiger Erzähler?" - Der Leser.

Indem ich eine Geschichte über das Leben erzähle. Eine Geschichte mit banalen Figuren mit banalen Gedanken und nur scheinbar spannenden Lebensläufen. Eine Geschichte von der Sorte, wie sie täglich zu Tausenden im Internet veröffentlicht werden, von Leuten mit schier unermesslichem literarischen Talent.

Mae, 17, ist die Tochter des Hohepriester der Sch'Nitzel auf dem Planeten Kirone 4711. Sie verliebt sich, oh unstandesgemäße Schande, in den jungen Gardesoldaten Kack'Vogel, der natürlich total sexy ist, sischer datt. Der dunkle Obervogel Lord Ner'Ven'Säge hat jedoch beide mit einem Fluch belegt, der sie zwingt, ihre Liebe auf eine ganz besondere Probe zu stellen...

Na, ohne die dämlichen Namen hätte sich niemand beschwert, oder? Eben, denn so eine Geschichte liefert Identifikationsfiguren, um der Tristesse des eigenen trivialen Leben neues Feuer zu geben. Wir sind doch alle Menschen, voller Werte und Liebe, voller gemeinsamer Hoffnung.

Das ist dann das Pendant zur Plastikmusik-Textzeile "We're gonna dream and dance the night away": Sinnbefreit und geistlos, aber eben sehr schön wohlig.

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