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Du wirst gehen, und jeden Tag hoffe ich, dass es noch nicht heute ist.

Text: 2morrow

Wie weit kann ein Mensch gehen, ohne sich selbst? Mehrere tausend Kilometer, wie ich feststellen konnte. Um dann den Kopf auf tausend Betten zu legen, nur um zu vergessen. Um tausend Zigaretten zu rauchen. Um tausend Tränen zu weinen.



Wir sind gescheitert. Und dann kam er. Eines Abends, inmitten all der Tränen hat er sich zu mir geschlichen, sie weggeküsst und gelacht. Und ich habe mitgelacht, und trotzdem nun schon wieder entsetzliche Kopfschmerzen. Genau so leise, wie er gekommen ist, wird er nun wieder gehen, und wieder einmal stehe ich am Anfang. Und es fühlt sich wie der Anfang vom Ende an. Es ist eben keine gute Mischung, wenn sich zwei Menschen treffen, die beide voll beladen sind mit Problemen. Jeder auf seine Weise leer innendrin, kalt und verletzt. Narben, die scheinbar auch die Zeit nicht zu heilen vermag. Konsequenzen, die schwerer wiegen als dass man es in Worte fassen könnte.



Bernsteinfarben. Ich habe mich in deinen Augen verloren, mich mitreißen lassen und mich nie wieder gefunden. Ich würde dir so gerne so viel sagen, dir mit der Gabel die Augen auskratzen und dir meinen Kopf aufsetzen, damit du verstehen kannst, was ich selbst nicht aussprechen kann. Aber ich bleibe stumm neben dir, spreche lediglich belanglose Dinge aus und warte auf die Entscheidung, auf die ich eigentlich gar nicht warten möchte. Du hast Mauern um dich gezogen, die es mir unmöglich machen, dahinter zu blicken, die mir den Weg zu dir versperren und mich in einer Art und Weise frieren lassen, dass sich alles um mich herum dreht.



Ich gehe durch die Straßen deiner Stadt, der du schon bald den Rücken kehren wirst, genau so wie dem Meer, dem Sand und mir. Dann wird die Sonne hier ohne dich unter gehen, bernsteinfarben. Du wirst die Augen an einem anderen Ort aufschlagen, wirst andere Straßen damit erblicken und doch ist es derselbe Mond, den wir sehen. Der dennoch unsere Gedanken nicht vereinen wird. Unsere Gedanken genau so wenig wie unsere Blicke. Unsere Küsse. Uns.



*** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** *** 



Tausend Kilometer entfernt schlägt sie die Augen auf und begreift im ersten Moment nicht, was Besitz von ihrem Körper ergriffen hat. Es fühlt sich an, als trete man sie von innen. Und dann ist der Moment vorbei, die Erinnerung kehrt zurück und sie legt langsam eine Hand auf ihren Bauch, um dein Kind zu spüren. Dein Kind, das es mir unmöglich macht, dein Mädchen zu sein.



Lachen, um nicht zu weinen. Das hat noch nie funktioniert. Zumindest nicht wirklich. Denn es ist das Lachen eines Menschen, der keine Freude kennt. Und selbst mein unechtes Lächeln realisiert, dass du gehen wirst, und jeden Tag hoffe ich, dass es noch nicht heute ist.

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