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"Ich bin ein guter Kunde und das ist der Dank?"

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Die ekligste Mail meines Lebens habe ich an die Deutsche Bahn geschrieben. Ich war sehr spät am Bahnhof und konnte gerade noch so in den Regionalexpress springen. Zum Ticketkaufen war keine Zeit mehr. In Regionalzügen kann man aber auch keines nachlösen, darum notierte mich die Kontrolleurin als Schwarzfahrerin und gab mir auf meine „Aber ich musste so dringend diesen Zug kriegen“-Klage hin den Tipp, ich könne mich ja an die Beschwerdestelle der Bahn wenden. Wie das schon klingt! Beschwerdestelle! Wer da arbeitet, dessen Frustrationsschwelle muss haushoch sein. Und an diese Beschwerdestelle schrieb ich dann eben die ekligste Mail meines Lebens. Sie begann mit „Sehr geehrte Damen und Herren“, dieser unpersönlichsten aller Anreden, und es kam darin vor, was für ein guter Bahn-Kunde ich sei und wie viel Geld ich der Bahn jedes Jahr gäbe, ich erwähnte (ganz nebenbei) meinen bahn.comfort-Status und plädierte dafür, dass es ja wohl möglich sein müsse, wenigstens ein Mal unter Zeitdruck einen Zug gerade noch so zu erwischen, ohne gleich als Schwarzfahrer zu gelten. Ich habe mir das Ganze anschließend noch mal durchgelesen und mich sehr gegruselt. Der Text klang nach mäkeliger Alter. Dann habe ich die Mail abgeschickt und musste später den Preis für die Fahrkarte zahlen, nicht aber die Schwarzfahrerstrafe. Hat also funktioniert.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Beschwerdebriefe sind unser gutes Recht - aber auch eklig.

Beschwerdeschreiben sind ungefähr das Spießbürgerlichste, das ich mir vorstellen kann, und klingen immer so, als seien sie aus dem berühmten „Sehr geehrter Herr Maggi“-Buch abgeschrieben. Kleingeistig, engstirnig, unangenehm. Aber manchmal muss man sich eben doch irgendwo beklagen. Auf seinem Recht beharren. Sich sein Geld zurückholen. Und es ist ja auch gut, dass das geht. Dass jeder jedem schreiben darf, was er blöd findet, und dass es Beschwerdestellen gibt (oh, wie das klingt!). Und dann stellt man den Schalter im Gehirn eine halbe Stunde lang auf „Man wird ja wohl noch“ und schreibt was Saftiges hin. Tipp: kurz gegenlesen und dann abschicken. Später nicht mehr anschauen! Dann springt der Schalter im Gehirn nämlich von alleine auf „Schämen“.  

Hast du schon viele Beschwerdeschreiben verfasst? Oder liegt dir das gar nicht? Und was war das ekligste Stück Kommunikation mit Unternehmen, Vermietern oder Ämtern, das du je verfasst hast?

Text: valerie-dewitt - Bild: markuspiske / photocase.com

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