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Letztes Kapitel

Text: Zwischenruf
Die Geschichte ist schon längst zu Ende. Das Buch habe ich schon zugeklappt, ein bisschen traurig, weil es zu Ende ist, aber so ist es eben. Und wie ein Amateurschreiber habe ich zum Federkiel gegriffen und meine Fortsetzung geschrieben. Weil ich nicht ertragen habe, dass diese Geschichte wirklich vorbei sein soll.

Nur ist das hier das Leben und ich stricke meinen eigenen Fortsetzungsroman, weil ich nicht loslassen kann. Und dabei heißt doch der alte und weise Spruch: "Wer liebt, muss auch loslassen können." Ich kann Dich nicht hergeben, ich kann Dich nicht aus Herz und Hirn verbannen. Eine zweite Runde, eine zweite Chance, einmal die Repeat-Taste. Weil ich beim ersten Mal meinen Einsatz verpatzt habe, den Text habe ich auch vermasselt und dann habe ich dumm dagestanden. So kann ich nicht von der Bühne gehen.

Denn der andere Spruch heißt: "Man sieht sich immer zwei Mal im Leben." Ich bestehe auf das zweite Mal. Ich will und kann Dir gar nichts beweisen, ich will nur sehen, was es bringt, ob es irgendetwas bringt, mit dem ich leben kann und zum nächsten Buch greifen kann.

Ich hoffe, dass das hier kein Epilog wird. Ich hoffe, dass es Band zwei wird. Und es endlich ein happy end gibt, bei dem ich nicht weinen muss, weil ich die letzten Zeilen vermasselt habe. So unwahrscheinlich wie ich den Auftakt der Fortsetzung geplant habe und so kitschig das alles angelegt ist, erwarte ich jeden Moment den Anruf aus Hollywood wegen der Filmrechte.

Was muss ich machen, damit ich mit Dir ohne Seifenoper reden kann? Was muss ich machen, damit ich aus der Rolle fallen kann und was genau steht einer ganz normalen Unterhaltung im Weg? Eine ganze Welt. Mit der kann ich es nicht aufnehmen und ich kann auch nicht gegen sie kämpfen. Wer auch immer dieses Theaterstück geschrieben hat, hat es darauf angelegt, uns in verschiedenen Welten zu platzieren und er hat uns nur für einen Wimpernschlag zusammengebracht. Und nun fühle ich mich wie Julia, die nicht zu Romeo kann, wie Thisbe, die durch die Mauerritze späht und keinen Pyramos entdecken kann. Hero steht am Ufer und schürt das Leuchtfeuer und zu gerne würde ich fragen, wo Leander denn bloß steckt. Aber Du bist irgendwo auf dem Hellespont, und was Du gerade machst oder wie es Dir geht, ganz tief innen, das weiß ich nicht. Für mich bist Du ertrunken.

Ich kann nicht gegen die Welt gewinnen, aber ich kann ein neues Kapitel schreiben und das werde ich. Und wenn es das letzte in dieser Geschichte sein soll, soll es ein gutes werden. Eines, von dem Hollywood nicht die Filmrechte haben will - nicht darstellbar.

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