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Ein letztes Mal

Text: Zwischenruf
Ich möchte endlich einsehen, dass ich mich getäuscht habe in Dir. Zeig' mir, dass Du nicht nobel und gut und heilig bist. Knurr' mich ungeduldig an und sag mir, dass Du streng, unnahbar und nachtragend bist - und absolut nichts für mich. So perfekt, wie ich Dich male, kann kein Mensch sein und ich weigere mich noch, anzunehmen, dass Du ein Engel oder ein Heiliger bist. Ich will Deine Barschheit fühlen und von Deiner Ungeselligkeit abgestoßen sein und wenn ich das endlich sehe, will ich unter Deiner Unversöhnlichkeit leiden, mit der Du mir sagst, dass ich aufhören soll, Wunschbilder zu kreieren.

Ich muss Dich wiedersehen, einmal nur, ich muss nur einmal noch in Deine Augen sehen und hoffen, dass Du mich nicht erkennst. Du darfst nicht wissen, wer vor Dir steht und Du sollst Dich auf gar keinen Fall bemühen, herauszufinden, wer das ist. Du musst einen ganz schwarzen und schlechten Tag haben, an dem kein Platz für Deine übliche Höflichkeit bleibt und erst recht keiner für das schüchterne Lächeln, mit dem Du Dich sonst erkundigst.

Ein allerletztes Mal möchte ich Dich sehen im unbarmherzigen Sommermorgenlicht, dem kein graues Haar und keine Falte entgeht. Auf Deinem Ehering soll ein Sonnenstrahl funkeln und Du sollst, wenn Du schon sprechen musst und Dich nicht in abweisende Schweigsamkeit hüllen kannst, von Deiner Frau und von Deiner Tochter erzählen.

Kurier' mich von meinen Idealen, von meinen Wünschen und der Sehnsucht nach einem Dir, das es vermutlich gar nicht geben kann. Und wenn es in dieser bösen Welt einen Menschen wie Dich geben kann und Du noch nicht untergegangen bist mit deiner edlen Güte, dann nimm mich an der Hand und lass' mich einfach nicht mehr los, sondern zeig' mir Deine Welt, die so anders zu sein scheint als meine.

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