Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Was für ein Wahl-Typ bist du? Die Ergebnisse

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Der Missionar

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Bis zur Wahl sind es noch vier Wochen, aber dein Facebook-Account läuft bereits über. „Wer nicht wählt, wählt rechts", steht auf deinem Titelbild und täglich erinnerst du deine Freunde daran, wann die Beantragungsfrist für die Briefwahlunterlagen endet. Deine eigene Parteimitgliedschaft „tut rein gar nichts zur Sache", betonst du immer wieder gerne während du aus deinem CSU/SPD/Grüne/FDP/usw.-Jutebeutel die letzten Flyer verteilst. Dir geht es viel mehr um die Wahrnehmung unserer aller demokratischer Grundrechte. Am Tag der Wahl postest du dann aber doch lieber noch mal, dass du bereits wählen warst und hoffst „dass alle anderen heute die richtige Entscheidung treffen". Zusammen mit einem Foto, auf dem du mit Daumen-hoch-Geste neben deinem favorisierten Abgeordneten stehst.

Der Angeber

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



„Kumulieren und Panaschieren" sind deine Lieblingsverben und daran lässt du gerne die Welt teilhaben. Wenn jemand dir erzählt, seine Stimme würde ja eh in der Masse untergehen, steigst du direkt in einen übereifrigen Diskurs über Rational-Choice ein. „Hochinteressant" findest du das alles, natürlich, aber ob dein Gegenüber auch die Studie von Anthony Downs zu dem Thema aus dem Jahre 1957 gelesen hat? Nein? Herrje, das sollte es unbedingt tun. Genau übrigens wie die SZ, die FAZ und die Bild – „man muss den Feind ja kennen". In politischen Diskussionen kannst du richtig feurig werden und erklärst diesen Kleingeistern erstmal, dass beim Wählen natürlich der Aufwand nicht im Verhältnis zum Ergebnis steht, der Mensch, dieses Herdentier, es aber trotzdem immer tut. Hoffentlich hast du zumindest Politik studiert, ansonsten bist du nämlich einfach ein ganz gewöhnlicher Klugscheißer.

Der Überforderte

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Wahl? Wann? Du? Neee, dann hättest du doch eine Wahlbenachrichtigung ... Ach so. Ja stimmt, hat dein Mitbewohner dir hingelegt. Vor vier Wochen. Verdammt! Wo hast du den nur hingeste ... Ah, das Teil, das den Esstisch gerade am wackeln hindert, könnte es sein. Und jetzt? Du bist absolut verplant und für den Fall, dass dich doch jemand auf die Wahl ansprechen sollte, hattest du dir bereits fünf mittelgute bis schlechte Ausreden zusammengeschustert („Ich habe Briefwahl beantragt, aber die Unterlagen sind nie bei mir angekommen! Diese Penner von der Stadtverwaltung!"). Jetzt musst du leider doch noch gehen, weil dein Partner dich sonst umbringt oder deine Eltern dich enterben. Das Problem ist nur: Du hast keine Ahnung, was du wählen sollst. Und wenn du sie hättest, wüsstest du nicht genau, wie sich dein Wunsch auf diesem riesigen Wahlzettel umsetzen ließe. Dieser Typ letzte Woche in der Kneipe hat dazu zwar einen längeren Monolog gehalten, aber der war sehr abgehoben. Irgendwas mit Rational-Choice-Theorien. Außerdem war der Referent mit seinem Tweed-Sakko, dem strengen Seitenscheitel und der Art, mit der er beim Reden immer frustriert an dir vorbeigeschaut hat, sehr einschüchternd. Wenn dich nach der Wahl jemand fragt, was du jetzt gewählt hast, bleibt dir zum Glück immer noch den Joker, „Schonmal was von Wahlgeheimnis gehört" zu antworten.

Der Verdrossene

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Wenn dich jemand in den letzten Wochen nach deiner Wahltendenz gefragt hat, hast du gerne „die Biertrinkerpartei" geantwortet – und dabei debil gegrinst. Vor allem bei diesem überambitionierten Trottel aus deiner Vorlesung, der sich immer mit Daumen-hoch-Geste auf Facebook präsentiert. Manchmal hast du auch erzählt, dass du gar nicht wählen würdest, um dieses Schweinesystem bloß nicht weiter zu unterstützen. Mit einer abgegebenen Stimme stimme man dem Laden ja schließlich im Ganzen zu. Und selbst wenn man drüber diskutieren könne, ob das kleinere Übel nicht doch ein Kreuz wert sei: Die Wahl, das müsse man ja auch mal so sgaen, sei ja auch nur Augenwischerei. Die Illusion von Mitbestimmung für eigentlich entmündigte Bürger. Man solle mal in die Schweiz schauen, was da geht. Diese Mischung aus Salon-Kommunismus und pseudo-dadaistischem Sonneborn-Fantum versteckt allerdings eher notdürftig die Tatsache, dass du bequem bist. Zu bequem, um Partei-Programme zu lesen. Zu bequem, dich mit Inhalten nach dem Teaser auseinanderzusetzen.


Text: elias-steffensen - und Charlotte Haunhorst; Illustration: Katharina Bitzl

  • teilen
  • schließen