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Wie

Text: Zwischenruf
Wie er mir damals das Herz gestohlen hat, war bemerkenswert. Nicht in einem Atemzug und mit roten Rosen und Geigen, sondern einem Hasen im Juli, einem schiefen Grinsen und einer kleinen eigenen Welt zwischen Minnesängern und Schwärmereyen. Sie haben alle geglaubt, dass wir ein Team sind, glauben es immer noch, wenn sie ihm von mir erzählen und vermuten, dass er es besser weiß. Und vielleicht wüsste er es auch.

Wie wir damals getändelt und getanzt haben, war ein verrückter Sommertraum. Wir haben die Nächte in den Straßen verbracht und eine Zukunft geschmiedet, die den nächsten Morgen nicht mehr sehen sollte. Wir haben den Winter herbeigesehnt und die Kälte zwischen uns beschworen und als sie kam, haben wir sie ausgeredet und davongelacht. Dabei haben wir nicht gemerkt, dass wir nicht miteinander reden, sondern nur übereinander. Und wenn sich unsere Hände ineinander verfingen und sich unsere Lippen zueinander verirrten, haben wir geglaubt, dass man so Liebe macht.

Wie wir miteinander gelebt haben, war mehr als eine wilde Ehe. Es war die wilde Jagd im Sturm über den Baumwipfeln und wir haben uns wissend angesehen, weil wir dachten, dass wir wüssten, was wir spielen. Eine hübsche Komödie für die anderen. Und dabei ist uns entgangen, dass wir die Hauptfiguren in unserer ganz eigenen Tragödie sind.

Wie wir auseinandergegangen sind, Atemzug für Atemzug, Seite für Seite, Wort für Wort, das war eine Entwicklung, die wir gar nicht bemerkt haben. Ich habe geglaubt, er ist der Traumprinz und ein Leben mit ihm erschien wie eine nicht enden wollende Nacht im Glanz der Lichter einer verlockend fremden Stadt. Und wenn ich für ihn eine junge Versuchung war, habe ich geglaubt, dass das so sein müsste.

Wie wir in der herbeigesehnten Kälte Abschied genommen haben, war wie eine miserable Generalprobe und über dem Atlantik habe ich nicht weinen können, denn es würde alles gut werden in unserem Sommernachtstraum, wenn es nur erst wieder Sommer wäre. Nacht und Traum kämen von alleine.

Wie er Stück für Stück zu einem Menschen wurde, den ich nicht mehr kenne, habe ich mit ungläubigen Augen gesehen und erst als ich seine Wunden berührt habe, habe ich gemerkt, was real ist. Wie er durch die Welt gegangen ist, merke ich erst jetzt, nach fast zwei Jahren, und ich frage mich, wie ich nur so blind sein konnte. Und wie wir uns nun schriftlich um Stille anschreien, tut nicht einmal mehr weh und wie traurig das ist, ist unfassbar.

Aber wie ich leise "It's Going to Take Some Time This Time" singe, ist nichts Ungewohntes.

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