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Adventskalendergeschichte: Das Lächeln des Rentieres (Tor 16)

Text: petol
Eine Weihnachtsgeschichte in 24 Teilen. Fast so glücklich machend wie Schokolade, aber dafür kalorienarm.

24.12.2013 | 05:00 Uhr
Ein lautes Poltern aus dem Wohnzimmer weckt Peter auf. Er horcht genauer und vernimmt Schritte. Klarer Fall, da ist jemand nebenan. Langsam und möglichst leise kriecht er aus dem Bett und schleicht aus einem Schlafzimmer, um zu schauen, was vor sich geht.
Er sieht den kleinen Malte auf dem Boden sitzen. Er schaltet das Licht ein, um genauer sehen zu können. Malte, noch in seinem Pyjama, hat die Beine angewinkelt und sein Gesicht vergraben. Peter fragt, was denn los sei. Keine Antwort, nur ein leises Schluchzen.
„Malte, was soll den das? Es ist noch viel zu früh.“ Peter geht auf Malte zu und spricht mit sanfter Stimme. Er bekommt eine Antwort, doch versteht kaum ein Wort.
„Malte, du musst schon Deine Knie aus dem Mund nehmen. Sonst verstehe ich dich nicht.“
„Du hast wirklich nichts gemacht!“ Malte klingt trotz zittriger und verweinter Stimme sehr wütend.
„Was meinst du? Ich habe doch geschlafen.“
„Ich will zu Mama!“
„Das geht nicht. Sie liegt im Krankenhaus.“
„Bring mich zu ihr!“
„Malte, nun beruhige dich mal...“ Peter möchte zur Beruhigung die Hand auf die Schulter legen, doch das Malte nur noch wütender. Er schüttelt die Hand energisch ab.
„Was meinst Du überhaupt mit 'Nichts gemacht'? Ich habe doch gesagt, dass wir noch einkaufen gehen, Kleiner.“
Malte antwortet nicht. Peter ahnt im Grunde auch, was vor sich geht. Malte muss wohl angenommen haben, dass dieses ganze Anti-Weihnachtsgehabe nur Show war. Dass Peter über Nacht all die Geschenke schon mal bereit stellt, einen prächtigen Baum geschmückt hat und systematisch Lebkuchen und Dominosteine im Haus verteilt. Wie Malte das von seiner Mutter kennt. Doch Peters Schwester hat dafür einfach das Händchen. Ihr Bruder weniger.



Peter hasst Weihnachten wirklich. Er weiß noch nicht einmal, wann diese Abneigung gegen alles, was auch nur im geringsten mit dem Fest der Liebe zu tun hat, angefangen hat. Es wird nun schon Ewigkeiten von ihm so gehandhabt und bislang gelang es ihm auch, die Festlichkeiten einfach zu ignorieren. Doch die Tränen vom kleinen Malte lassen ihn gerade erweichen. Anfangs ließ er sich seiner Schwester zuliebe auf das weihnachtliche Babysitten ein. Doch dieser Moment lässt ihn umdenken. Malte soll Weihnachten nicht hassen, nur weil sein Onkel mit Christbäumen, Schokoladennikoläusen, Rentieren, Nussknackern, Dominosteinen, Lametta, Geschenkpapier etc. nichts anfangen kann.
Er hebt Malte schweigend und behutsam an und trägt den immer noch weinenden Jungen zurück ins Gästezimmer, wo Maltes Bett steht. Peter legt ihn auf die Matratze und deckt Malte zu; dieser dreht sich weg und hört augenblicklich auf zu schluchzen. Wenige Minuten später scheint er wieder zu schlafen.
Peter verlässt das Gästezimmer und wirft im Wohnzimmer einen erneuten Blick auf die To-Do-Liste seiner Schwester. Einen Punkt auf der Liste erweckt besonders seine Aufmerksamkeit. „Weihnachtskekse backen“. Warum hatte er das vorher nicht realisiert? Dutzend weitere Fragen schießen ihm direkt durch den Kopf. Wie macht man die? Womit? Wie lange brauchen die? Brauche ich eine Form? Schmecken die überhaupt? Machen die dick? Reicht auch ein Keks? Gibt es die im Discounter um die Ecke?
Zum ersten Mal seit der Ankunft von Malte hat Peter Angst, bei den Vorbereitungen zu versagen. Vorher war es ihm teilweise egal. Auch die anderen Punkte auf der To-Do-Liste wirken nun weitaus anstrengender, als es ihm vorher bewusst war. Geschenke kaufen. Geschenke verpacken. Weihnachtsbaum kaufen. Weihnachtsbaum schmücken. Zutaten fürs Abendessen kaufen. Abendessen zubereiten.
Peter stöhnt. Das muss der Weihnachtsstress sein, von dem alle Jahr für Jahr reden.



Fortsetzung folgt.

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