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Adventskalendergeschichte: Das Lächeln des Rentieres (Tor 14)

Text: petol
Eine Weihnachtsgeschichte in 24 Teilen. Fast so glücklich machend wie Schokolade, aber dafür kalorienarm.

24.12.2013 | 03:00 Uhr
Daniel spürt die Nachteile der vernetzten Welt. Seine letzte Twittermeldung hatte ihn verraten. „Ich hasse Weihnachten! Scheiß Konsumschlacht!“ stand im Posting. Auf einmal ein Klingelton. Marie meldet sich – via Skype.
„Daniel, es ist drei Uhr nachts.“
„Ich weiß ...“
„Ich hoffe, Du hast wenigstens eine Hose an.“
„Marie! Ich schaue mir keine Pornos an! Ehrlich!“
„Was machst Du sonst noch um die Zeit online?“
„Ich suche noch … Moment. Woher weißt Du überhaupt, dass ich noch wach bin?“
„Du hast getwittert, Du Experte. Falls Du Dich erinnerst, bekomme ich Twitternachrichten und so direkt auf das Smartphone geliefert.“
„Oh. Stimmt. Daran habe ich nicht gedacht.“
„Du suchst nicht immer noch nach einem Geschenk für meine Mutter, oder?“
„Auch. Nebenbei schaue ich noch nach ausgefallenen und kreativen Möglichkeiten, Geschenke zu verpacken. Ich glaube, ich versuche die Variation 'Goldfischglas'.“
„Wird das Geschenk in ein Goldfischglas reingelegt und ein lebendiger Fisch schwimmt drum herum?“
„Genau genommen steckt das Geschenk in einer kleinen Schatztruhe, die im Goldfischglas versenkt wurde und der Fisch ist so eine Art lebendiges Accessoire ...“
„Wenn Du nach der Bescherung Single sein möchtest, halte ich das für eine gute Idee.“
„Und wenn ich statt einem Goldfisch einfach Fischstäbchen nehme?“
Marie schweigt. Verständlich. Man merkt Daniel deutlich an, dass er ganz dringend ins Bett gehört. Er hat neben Maries Skypefenster unendlich viele Internetbrowserfenster geöffnet; einige eBay Angebote, Forenbeiträge zum Thema Geschenke und eine ominöse „Top-Ten Liste der coolsten Geschenke für Frauen ü40“ bei Amazon. Außerdem schrieb er einen verzweifelten Leserbrief an die Brigitte Redaktion. Dabei sind es nur noch wenige Stunden bis zur Bescherung.
„Du bist furchtbar! Ich schlafe nun auch weiter. Das solltest Du übrigens auch tun.“ antwortet Marie endlich.
„Hast recht. Das bringt eh nichts mehr.“
„Wollen wir uns zusammen hinlegen?“
„Ich wollte noch eben was am PC machen ...“
„Daniel, wenn Du nun noch Pornos schaust, raste ich aus.“
„Na gut, ich mache ja schon aus.“
„Leg Dich schlafen. Morgen haben wir viel vor.“
Daniel verabschiedet sich von Marie und winkt in seine Cam. Er schaltet seinen PC aus und lässt sich ins Bett fallen. Seine Panik vor dem Abend lässt ihn kaum zur Ruhe kommen. Er durchspielt unendliche Male mögliche Szenarien des Besuchs bei Maries Eltern.
Er sieht Maries Mutter Ruth vor sich, wie sie eine große Geschenkpackung schüttelt, aber nichts hören kann. Am Paket ist ein kleines Schildchen, wo „Von Daniel für Ruth“ vermerkt ist. Sie öffnet das Paket und findet nichts. Es ist leer. Sie schaut Daniel mit hochgezogener Augenbraue an. Sie scheint damit gerechnet zu haben. Ruth sagt zu Marie, dass dieses Paket genauso hohl und leer sei wie ihr Freund.
Daniel steht wieder auf. Er geht zu seinem Schreibtisch, wo die Liste „Opfergaben für Ruth“ immer noch nahezu leer auf Vorschläge wartet. Den PC lässt er ausgeschaltet.
Daniel 2.0 wollte nicht mehr stören oder gestört werden.



Fortsetzung folgt.

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