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ein letztes mal...

Text: ElGespann






ohne auch nur ein wort zu sagen standest du da und hast mich angesehen. dicke tränen liefen über deine wangen, sammelten sich an deinem kinn und tropften deine bluse voll. ich spürte dein inneres zittern, deine angst und deine liebe. unsere hände berührten sich an der schusssicheren glasscheibe während mir ganz flau im magen wurde.

es ist nicht das erste mal, dass wir so da stehen und uns für längere zeit verabschieden müssen und wir wissen sehr genau, was auf uns wieder zukommt. zwei mal haben wir es schon überstanden und wir schaffen das auch ein drittes mal, auch wenn du der meinung bist, dass diesmal alles anders sein wird.

ich glaube an uns beide, so wie ich es immer getan habe. auch wenn wir einmal die woche telefonieren oder skypen, wissen wir, dass wir uns entfremden werden. die glasscheibe hat uns schon körperlich getrennt aber deinen duft habe ich noch in der nase, als würdest du direkt neben mir stehen. es tut weh, dich alleine mit den kindern zurückzulassen, mit all den vielen aufgaben die nun du alleine bewältigen musst. aber du bist stark und dennoch so sensibel.

vergiss die einkommenssteuer nicht und das auto muss nächsten monat zum tüv. im april wollten die handwerker kommen und das dach reparieren, aber das weisst du ja und denke bitte an die zwei versicherungen die wir kündigen wollten. hörst du mich?

es ist nicht fair was die mit uns machen, insgesamt schon eineinhalb jahre trennung, wenn man alles zusammenrechnet ohne die vielen langen lehrgänge, da sind wir locker bei zwei jahren. alles haben wir überstanden und diesmal scheint es so sinnlos. dennoch stehe ich da und schaue in deine verweinten augen und kann meinen blick nicht von dir lassen, obwohl ich schon zweimal aufgerufen wurde.

geh einfach, geh, damit ich dich nicht mehr sehen muss. schnapp die kinder und geh, es tut so weh weisst du. aber du willst nicht gehen, jede sekunde ziehst du in dich hinein als wäre es ein stück weiterer energie um die nächsten monate durchzuhalten. nichts kann uns trennen, auch diese scheibe nicht. letzter aufruf, ich muss...ich komme zurück, versprochen, ganz sicher.

die grössten hürden haben wir besiegt und haben alles hinter uns gelassen, aber die kleinen dinge haben wir übersehen, die sich langsam und unbemerkt eingeschlichen haben, weil wir mit dem grossen zu sehr beschäftigt waren. nicht das grosse war es, sondern das kleine das uns getrennt hat. wie unaufmerksam wir doch in der routine werden.

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