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Jungs, Thema junge Mütter und Flirten: Geht da noch was?

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Auch wenn wir uns noch viel zu jung für ein Kind fühlen, finden wir manchmal, ganz manchmal, den Gedanken daran gar nicht mehr so absurd, sondern erstaunlich machbar, aufregend und herausfordernd. Aber dann dauert es nicht lang und wir kriegen Panik. Nicht diese Panik, die ihr jetzt denkt. Nicht die, bei der wir Verantwortung, Geldprobleme, Schlaflosigkeit und Nervenzusammenbrüche fürchten. Sondern eine, die mit unserer Attraktivität zu tun hat.

Aber auch wieder nicht direkt diese offensichtliche Attraktivität, die mit ausgeleiertem Bindegewebe und Beckenbodenproblematiken zu tun hat. Eher so eine ganzheitliche. Wir fürchten um unseren Status des freien, jederzeit anflirtbaren Cool-Mädchens. Wir haben Angst, dass wir, ganz egal, wie sehr wir uns bemühen, kein gluckiges Muttchen zu werden, zeitgleich mit dem Erlangen des Mutter-Status ein Stück unserer Interessantheit abgeben müssen. Dass wir nie wieder die Frau sein können, die wir mal waren. Einfach nur, weil da, wo vorher unser lustiger Abenteuerglimmer saß, jetzt diese Die-ist-doch-schon-Mutter-Schwere lauert. Wir fürchten, dass sich einfach keiner mehr an uns rantraut, weil sich alle denken: "Die kann sich ja die Lippen rot malen, so viel sie will, aber da ist jetzt das Leben einfach auf einer anderen Stufe angekommen, die Frau hat jetzt Verpflichtungen, die sind so grundlegend wie sonst eigentlich gar nichts grundlegend ist. Mit lustigem Rumgeflirte, Abenteuern oder Spontanquatsch muss man der jetzt nicht mehr kommen."

Wir denken: Als eine Frau mit Kind fühlen wir uns dann bestimmt noch viel, viel weiter weg vom Fenster, als eine Frau in der Ehe oder eine Frau in der langjährigen Beziehung. Denn in den letzten beiden Fällen können wir uns, auch wenn wir glücklich sind und den Gedanken ans Fremdgehen eher abstoßend finden, noch jederzeit der Illusion hingeben, dass da theoretisch noch was Anderes geht. Dass nichts für immer und ewig ist. Dass wir theoretisch von heute auf morgen abgeworben werden können oder selbst jemanden abwerben können. Weil wir ja auch wissen, dass sich Gefühle ständig ändern können, dass man Beziehungen auch beenden kann und dass das unter Umständen auch gesund sein kann. So ein Kind aber kann man, wenn man sich einmal dafür entschieden hat, nicht beenden, hinter sich lassen oder neu erfinden, egal wie gesund oder ungesund das wäre.

Vielleicht findet ihr unsere Angst ja auch unberechtigt und sagt: Es gibt doch 2013 nichts Cooleres und Heißeres als eine junge, souveräne Mutter. Wir können es uns nur nicht so ganz vorstellen, denn wir denken uns das bei anderen Frauen ja auch selten. Wir haben Respekt und stellen uns ganz viele Aspekte des Mutterseins sehr schön vor, aber direkt sexy oder saucool finden wir es nun wirklich nicht, beziehungsweise nur in seltensten Ausnahmefällen. Deshalb: Erklärt uns mal, wie ihr das seht. Was ändert sich in euch, wenn ein Mädchen, das ihr kennt und das ihr grundsätzlich ganz attraktiv findet, egal ob vergeben oder nicht, plötzlich schwanger wird. Macht dann nicht irgendwas in euch Klick und jede Coolness, jede Dynamik, jede Sexyness ist erstmal dahin, beziehungsweise nur noch äußerst eingeschränkt vorhanden wegen ewigem Bündnis mit dem zukünftigen Windelwesen?

Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von Elias Steffensen.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Man könnte jetzt mit Stiflers Mom anfangen. Aber zum Glück muss man das nicht, weil ja auch Jonathan Franzen, dieser gigantisch feinfühlige Zeitgeist-Seismograph, in seinem Roman "Freiheit" von dem "milfy smile" schreibt, das eine Mutter dem Kind-Kumpan ihres Sohnes zuwirft. Ein Glück. Damit ist dieses halb spätpubertär dümmliche, halb saulustige Akronym (Mom I’d Like to Fuck ...) wenigstens ein bisschen dem Youporn-Jargon entrissen. Salonfähig, würde ich gerne sagen. Aber wir wollen ja nicht gleich übertreiben.  

Man könnte dann mit Herbert Grönemeyer weitermachen, diesem ziemlich besten deutschen Songwriter und -texter, und sagen "Bleibt alles anders". Das wiederum muss sein, weil mir kein Udo-Lindenberg-Song zum Thema einfällt. Und Tocotronic mag ich nicht besonders. Und dann ist die Frage ja auch schon fast beantwortet. Und ihr um eine Sorge ärmer. Hoffe ich jedenfalls.  

Denn: Ja, deine Angst ist auf weiter Flur sehr unbegründet! Mütter sind auch abseits von "American Pie"-Pennäler-Humor heiß, cool, sexy, toll, Wahnsinn, erotisch, geil, anbetungswürdig, aufregend – gib Bescheid, wenn du irgendeinen Begriff findest, der nicht ganz so bekloppt klingt. Natürlich sind sie das nicht zwangsläufig. Und nein, auch nicht auf diese "Die hat wenigstens sicher schon mal"-Art. Aber ziemlich oft im selben Maße, in dem sie es vorher schon waren. Also hier schon mal durchatmen: "Die-ist-doch-schon-Mutter-Schwere" lauert da nirgends – ein paar marginale Einschränkungen kommen später. Wo vorher Abenteuer geglimmert hat, glimmert’s weiter. Nur vielleicht etwas anders.  

Du hast ja die Angst geäußert, "dass wir nie wieder die Frau sein können, die wir mal waren". Das kann schon so sein. Ein Kind verändert. Deutlich wohl auch. Man wird wohl das, was "erwachsen" genannt wird. Vielleicht sogar mit der Zahnzusatzversicherung, die das so leicht mit sich bringt. Aber Himmel: Bleibt doch trotzdem alles anders. Denn ein Cool-Mädchen verliert doch sein Mojo nicht, nur weil ein Blag ihr ab und an Milch ans Revers rülpst. Ich behaupte ja sogar: Im Gegenteil! Ich erkenne an den Neu-Müttern in meinem Umfeld durch die Bank: Eine minimal verstärkte Ernsthaftigkeit in der Mimik (mit diesen tollen feinen Fältchen irgendwo um die Augen), eine deutliche Gleichgültigkeit gegenüber Nebensächlichkeiten und eine globale Souveränität gegenüber dem Rest. Und daran will mir beim besten Willen nichts Störendes oder Beängstigendes auffallen.  

Oder abschließend ganz konkret und auch nur unter uns: Ich wurde in meinem Leben zweimal von alleinerziehenden Müttern aufgerissen. Schwere war da keine. Abenteuer-Spontanquatsch-Rumgeflirte schon. Das gilt übrigens auch für den dem One-Night-Stand entgegengesetzten Pol: Wenn wir uns in euch verlieben also. Das verschwindet ja nicht, weil da ein Kind ist. Müssen wir eben auch beim Zahnersatz vorsorgen. Ist sicher etwas blöd – hilft ja aber auch nichts.  

Die einzige Einschränkung liegt in der Mitte, zwischen den Polen. Weil: Die Verpflichtungen, die so ein Kind bringt, verbieten tendenziell das Halbgare. Das kapieren wir auch. Und weil wir das kapieren, verlegen wir unsere Suche nach einer Affäre, bei der wir um 22.30 Uhr zum Vögeln klingeln können, eher in andere Gärten. Aber auch das will mir nicht sehr tragisch erscheinen. Denn wenn mich nicht alles täuscht, mögt ihr uns in dieser Lebensphase auch dann nicht richtig gern, wenn ihr noch kein Kind habt.


Text: martina-holzapfl - Cover: Francesca Schellhaas / photocase.com

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