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Geschlossene Augen

Text: Zwischenruf
Deine Augen funkeln wie das Wasser, auf das die Sonne scheint. Und plötzlich werden sie sturmgrau, so, wie wenn Himmel und Meer eins sind und dann bricht ein Sonnenstrahl durch das Grau und sie werden lichtmeerblau. Du lachst und schaust mich an und ich kann spüren, dass Du mich neckst.
Du neigst den Kopf nur ein kleines bisschen und lehnst Deine Wange an meine; ein kleines bisschen musst Du dafür in die Knie gehen und ich stelle mich auf die Zehenspitzen, aber der Satz ist wohl unvermeidlich: "Mi chiquilla". Ich muss lachen, schwanke auf den Zehenspitzen und da sind Deine Arme, die wie eine Selbstverständlichkeit um mich sind und mich halten.
In Deinen Armen kann ich den ruhigen und sicheren Herzschlag unter dem Hemd spüren und höre zu, höre auf Deinen gleichmäßigen Atem und Deine warme Stimme, die leise "Mi chiquilla" wiederholt. Das lässt sich nun schlecht leugnen, so in Deinen Armen, so warm und sicher.
Deine Finger spielen mit einer Haarsträhne und Deine Stimme grummelt weiter: "Tu no contradeces?" Du lachst nicht, aber das Grinsen kann ich auch so hören. Du bist es schließlich von mir gewöhnt, dass ich widerspreche, ganz besonders in solchen Fällen. "No, excepcionalmente no." Heute fühle ich mich zu sicher, warm und vertraut, um zu widersprechen und ja, gerade jetzt bin ich klein, in Deinen Armen. Du überragst mich um einen Kopf. Und ausnahmsweise habe ich nichts dagegen. Du bist vermutlich der einzige, der mich mit Leichtigkeit in so vielen Dingen überragt, aber deshalb nicht klein hält. Wie selbstverständlich Du das machst, das erstaunt mich immer noch. Du schaffst es, mich wie eine Königin zu behandeln und mir nie das Gefühl zu geben, doch nur ein hübsches Accessoire zu sein. Wir sind um die Wette geschwommen, füreinander eingestanden, haben das Nebeneinander abgeschafft und das Miteinander eingeführt, haben eine Vergangenheit erzählt und eine Zukunft entworfen und das alles zusammen. Und dann darfst Du mich auch kleines Mädchen nennen - solange Du das "mi" nie weglässt.
Ich weiß nicht, wie lange wir dort zusammen gestanden haben, auf das Meer geschaut haben und vielleicht bist Du der einzige Mensch auf der Welt, der in diesem Moment genau das gleiche sieht wie ich: Das Glück. Es sind Wellen mit weißen Schaumkronen, Wolken, die über den Himmel treiben, eine Möwe, die mit uns segelt und es ist Dein Gesicht, das sagt: "Mir kann man nichts vormachen", aber es sind Deine Augen, die eine ganz andere Geschichte erzählen. Hier müsste ich nie weg, ich müsste mich nicht mehr von der Stelle rühren, denn ich bin in meinem Leben da angekommen, wo ich hinwollte.

[Was ich sehe, wenn ich die Augen schließe. Es beginnt immer mit Deinen offenen Augen.]

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