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Weites Land

Text: Zwischenruf
Es ist immer noch alles so groß, so beängstigend groß, aber es ist nicht mehr unerreichbar. Natürlich kostet es Nerven und nicht zu unterschätzen auch Geld, aber jetzt, jetzt heißt es in meinem Kopf: Wenn ich wollte, dann...
Dieses weite Land wird langsam zu meinem eigenen; es wird nie zu Hause - keiner kann mir meine Felder, Wälder, Gräber ersetzen, aber jetzt kann ich meine 20 qm mit diesem weiten Land ersetzen und das tut gut. Ich fliehe, fliege förmlich aus der Stadt, die Räder rennen unter mir und wenn ich wollte, würde dieses kleine, nette und verlässliche Auto mit 180 über den Highway brausen, mein Jauchzen geht unter, als ich mit den Trucks um die Wette hetze.
Und natürlich trägt mich das kleine, nette und verlässliche Auto zum See, der so tut, als wäre er das Meer, es trägt mich zum Kanal, auf dem die großen Schiffe geruhsam und majestätisch dahingleiten und selbst tausende von Kilometern von Dir entfernt denke ich an Dich, als ich die Kohleberge betrachte, die geduldig und träge auf den Abtransport warten, als ich über den Skyway eile und die Böen im Lenkrad spüre. Ich denke meerisch, an Schlepper und in Beaufort als ich die Wellen betrachte, die auf einem See immer zu zahm aussehen.
Du hast dieses weite Land nie gesehen und ich kann spüren, dass Du es nicht mögen würdest. Dir fehlt, was mir auch fehlt: Eine ungepflegte, wilde Blumenwiese, eine Ruine, die schon seit 500 Jahren so aussieht, als würde sie zusammenfallen, ein kleiner Dschungel, der den Mini-Rachen aufreißt und ganz leise brüllt, ein Feld, in dem auch die Disteln wachsen.
Wir sind alte Europäer und Du bist nach Jahren genau dorthin zurückgekehrt und jetzt, endlich, verstehe ich, warum. Zurückkehren war kein Rückschritt, es war weise. Aber etwas anderes hätte ich von Dir auch gar nicht erwartet. Wieder einmal habe ich Dich unterschätzt.

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