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Sie

Text: nacht_kriegerin
Sie fühlte sich dumm, so unendlich dumm und wusste, dass sie nur ein Funken Selbstachtung davon abhielt anzufangen zu weinen.

Man hat sie einfach weggeworfen, wie ein Spielzeug, welches man überdrüssig geworden ist.
Wie etwas was einem nie etwas bedeutet hat und völlig unwichtig ist.

"Das ist nicht fair", denkt sie und schluckt die Tränen hinuter, sie will nicht weinen.

Sie dachte, das sie etwas Besonderes sei, wenigstens in seinen Augen, aber weit gefehlt...
Sie ist nur eine Sklavin seiner Zuneigung, er gibt ihr das was sie so schmerzlich vermisst.

Und sie tat alles was er von ihr verlangte, damit er blieb.
Sie dachte, er würde gehen, wenn sie es nicht tun würde.

Sie tat alles,
machte ihm nie Vorwürfe,
auch wenn er ihr immer wieder sagte,
das er keinerlei Verpflichtungen ihr Gegenüber hätte,
das er nicht ihr Partner sei,
das es hart aber realistisch sei,
das sie nur sein Spielzeug ist.

Sie wollte ihn nicht verlieren und sie wollte ihn für sich, aber sie ist nur zweite Wahl.
Sie ist ihr Leben lang bloß zweite Wahl.
Bei allen die ihr begegneten ist sie zweite Wahl.
Niemals die Erste.

Sie läuft durch die Uni und fragt sich,
warum sie nie beachtet wird,
warum sie  nie jemand mustert,
warum sie keiner anspricht,
warum die Menschen sich in dem Hörsaal nie neben sie setzen,
selbst wenn noch ein Platz frei ist,
warum sie immer allein ist,
warum es niemanden gibt der sie sieht

???

Behandelt wie jemand der Ersetzbar ist.
Anscheinend ist sie das auch,
sie ist ersetzbar,
in jeder Hinsicht,
in jedem Wesenszug kann man sie durch etwas Besseres ersetzen, denkt sie und weint, leise rollen ihr die Tränen die geröteten Wangen hinab.
Dabei wollte sie gar nicht weinen, aber es tut so gut, einfach den Kummer durch Tränen aus sich herausspülen.

Sie ist nichts Besonderes, obwohl sie es versucht zu sein.
Sie ist freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend, lächelt und sieht einigermaßen Passabel aus.
Nicht zu aufdringlich, nicht zu viel, eben normal. Das weiß sie, weil sie es schon so oft hinter ihrem Rücken gehört hat.

"Kennst du die?"
"Ja, normal und unscheinbar, nichts Besonderes! Könnte mehr aus sich machen!."

Sie hört das öfter und denkt sich, "was ist wenn ich das gar nicht will? Wenn ich mich nicht ändern möchte, auch wenn mir etwas fehlt?"

Warum soll sie sich ändern? Ist sie so falsch? Ist nichts an ihr Richtig?

Vielleicht ist sie zu normal, vielleicht will sie deswegen niemand, weil sie eben zu normal ist,
an ihr ist
nichts phänomenales, wie an dem blonden Mädchen mit den schönen Augen,
an ihr ist
nichts außergewöhnliches, wie an der Brünetten, welche den Raum betritt und weiß, das alle Augen auf ihr Ruhen.

An ihr ist
alles gewöhnlich und unscheinbar,
nichts schönes,
nichts außergewöhnliches,
nichts herausragendes.

Sie wäre es so gern,
aber sie kann es nicht mehr sein,
weil sie verlernt hat wie man sich liebt,
weil sie weiß, dass alle um sie herum nichts von ihr halten.

Sie ist jemand der da ist und bei dem es niemanden interessieren würde wenn er nicht da wäre.


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