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Das 11. Gebot: Du sollst nicht tebartzen!

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Sondersendungen im Fernsehen, Titelthema auf allen Zeitungen und beste Wertungen im Google-Ranking - die katholische Kirche ist dieser Tage das Gesprächsthema Nummer eins in Deutschland. Marketing-Verantwortliche überall auf der Welt würden viel Geld für diese Art von Präsenz zahlen. Doch nur wenige Katholiken sehen in dem Skandal um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst die Chancen, die für ihre Kirche in dem Aufreger-Thema liegen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Punkt vier: Neues Gebot einführen "Du sollst nicht tebartzen!"

Während die deutsche Medienöffentlichkeit auf den Papstsitz blickt, wird hinter den dicken Mauern des Vatikan an einem erstaunlichen Plan gearbeitet, um einen Ausweg aus dem Fiasko von Limburg zu finden. Wir dokumentieren die Fünf-Punkte-Strategie, die das Image der katholischen Kirche nachhaltig verbessern könnte:

1. Jugendwort erfinden
Um eine Lösung feiern zu können, muss man den Skandal noch breiter treten. Derzeit suchen die Kirchenvertreter noch einen gelangweilten Jugendbuch-Verleger, der bereit ist, das Wort "tebartzen" als Jugend-Wort des Jahres zu bestätigen. Gemeint ist der Vorgang des hemmungslosen Prassens und Protzens, das in amerikanischen Hip-Hop-Videos zum Standard gehört und jetzt halt auch von einem im Geiste jungen Bischof zur Anwendung gebracht wird. Franz-Peter Tebartz-van Elst ist so eine Art Jay-Z des Christentums. Er steht nicht nur prägend für diese Geisteshaltung des demonstrativen Luxus - er schenkt ihr auch ein Tätigkeitswort, das auf den Schulhöfen dieses Landes zum Standardvokabular gehört: Tebartzen!

2. Entschuldigen
Paulus hat auch mal als Tebartz als Saulus angefangen. Aber sein Werdegang beweist: Was für Laien nach Anfängerfehlern aussieht, ist für Theologen Grundbestandteil seines Denkens. Die Sache mit dem Namenspatron des Tebartzens liegt ähnlich: Auch hier hilft nur eine reuevolle Wende. Er muss sich entschuldigen: bei (im Wortsinn) Gott und der Welt.

3. Reue beweisen
Eine Entschuldigung zeigt allerdings nur Wirkung, wenn sie auch Folgen nach sich zieht. Wer nun den Rauswurf des Bischofs vorschlägt, hat die Regeln der Aufmerksamkeit nicht verstanden. Denn nur als reuiger Bischof kann Tebartz-van Elst der Kirche helfen, als arbeitsloser Bischof nicht. Eine Namensänderung mag bei dem komplizierten Doppelnamen naheliegen, kommt aber wegen seiner Frau nicht in Frage. Deshalb führt kein Weg daran vorbei: Tebartz muss mehr erreichen:

4. Ein neues Gebot einführen
Die Reue muss so stark sein, dass sie ein 11. Gebot nach sich zieht. Der Vatikan erlässt als Fortführung seiner zehn Gebot den Regelhinweis Nummer elf: Du sollst nicht tebartzen! Damit ist eine Annäherung an die Jugend sicher gestellt (siehe 1.) und eine Beichtmöglichkeit für andere Bistümer, in denen es zu vereinzelten Fällen des Tebartzen gekommen sein könnte.

5. Größtmögliche Öffentlichkeit
Das alles muss vor den Augen der Weltöffentlichkeit geschehen. Und an diesem abschließenden Punkt wird derzeit in Rom noch gefeilt. Wann hat die ARD Platz für einen Brennpunkt zum Thema "11. Gebot erlassen"? Kann das ZDF Guido Knopp zu einem ZDF history überreden mit dem Thema "Was waren nochmal die anderen 10 Gebote"? Und wird die SPD Andrea Nahles folgerichtig ein 12. Gebot fordern lassen, das die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns vorzieht?

Erst wenn diese Frage geklärt sind, kann Papst Franziskus auf den Balkon in Rom treten und das Jugendwort des Jahres 2013 bekannt geben.


Text: stefan-winter - Foto: dpa

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