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Betrügen müsste eigentlich unglücklich machen. In einer moralisch-aufrichtigen Welt zumindest wäre es so. Aber Forscher der University of Washington, der London Business School, der University of Pennsylvania und der Harvard University haben jetzt herausgefunden: Das Gegenteil ist der Fall. Solange Menschen glauben, dass das Tricksen und Betrügen niemandem schadet, fühlen sie sich danach ziemlich gut.  

Für die Studie, die kürzlich im „Journal of Personality and Social Psychology“ erschienen ist und über die die "New York Times" berichtet hat, wurden Teilnehmer befragt, wie sie sich fühlen würden, wenn sie betrügen. „Schlecht“, antwortete die Mehrheit. Eine andere Gruppe von Teilnehmern machte erst Angaben über ihre aktuelle Stimmung und bearbeitete anschließend einen Test, bei dem sie Wörter entschlüsseln musste. Für jedes richtige Ergebnis wurde den Testpersonen ein Dollar versprochen. Am Ende durften sie ihre eigenen Ergebnisse mit einem Lösungsbogen abgleichen. Dabei wussten sie nicht, dass die Leiter der Studie nachvollziehen konnten, wer am Computer mithilfe des Lösungsbogens Ergebnisse schönte. 41 Prozent der Teilnehmer veränderte falsche Antworten hin zu richtigen. Als anschließend wieder die aktuelle Stimmung abgefragt wurde, fühlten die Betrüger sich im Schnitt besser als die Ehrlichen. Sie erlebten ein emotionales Hoch.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wenn das Ergebnis der Studie stimmt, wird dieses Spiegelei nachher ziemlich glücklich sein

Woran genau das liegt, steht (natürlich) nicht fest. Es könnte, so schreibt die "NY Times", zum Beispiel die Erleichterung darüber sein, nicht erwischt worden zu sein – was bedeuten würde, dass sich die Teilnehmer während des aktiven Betrugs schlecht und gestresst gefühlt hätten. Allerdings arbeiteten weitere Teilnehmer der Studie in Zweiergruppen mit einem Partner, der nur vorgab, ebenfalls teilzunehmen, aber zum Forscherteam gehörte. Diese falschen Teilnehmer sollten später das Ergebnis mitteilen und schönten die erreichte Punktzahl – niemand beklagte sich darüber und niemand fühlte sich schlecht, im Gegenteil hatten auch hier die meisten Teilnehmer gute Gefühle. Auch indirekter Betrug macht also glücklich.  

Vielleicht ist es ja der Gedanke, besonders clever gewesen zu sein, der einen so glücklich macht, wenn man schummelt. In der Mathearbeit spicken bedeutet ja auch irgendwie, dem fiesen Lehrer, der einen immerzu triezt, eins auszuwischen. Die teure Software bei einem Bekannten zu kopieren, bedeutet, dem bösen, kapitalistischen Riesenunternehmen Geld vorzuenthalten, und: selbst welches zu sparen. Und der kleine Trick mit den Fahrtkosten bei der Steuererklärung bedeutet mehr Geld für den Urlaub. Das alles kann froh machen oder zumindest für Genugtuung sorgen.  

Machen dich kleine Schummeleien glücklich? Hast du dich mal echt gut gefühlt, nachdem du bei einer Klausur gespickt oder abgeschrieben hast? Nachdem du dir was günstiger erschlichen oder Zahlen beschönigt hast? Wenn ja: Woran, glaubst du, liegt das? Oder bist du sowieso eher der Typ Mein-schlechtes-Gewissen-bringt-mich-um und die kleinste Unehrlichkeit macht dich ganz unglücklich?

Text: nadja-schlueter - Illustration: Yinfinity

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