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Die Saga vom #GameOfDrones

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Seit dem ersten Oktober reist Amnesty International mit einer Bustour namens "Game of Drones" durch Amerika und besucht Universitäten. Dafür werben sie mit dem Hashtag #GameOfDrones, das bis vor Kurzem noch ein Hashtag für Wortspiele war, die von der bekannten Serie Game of Thrones ausgehen. Auf ihrer Reise zeigen die Aktivisten den Dokumentarfilm Dirty Wars von Jeremy Scahill, um die Bevölkerung wachzurütteln. Ihr Ziel ist es, zu erklären, was einen Drohnenkrieg eigentlich für die lokale Bevölkerung bedeutet und warum er gegen Völker- und Menschenrecht ist. Über Twitter erhält man mehrmals täglich Updates über den Verlauf der Reise sowie ihre Workshops und seit einigen Tagen auch Statements von Seminarteilnehmern.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Grund für die Aktion sind Vorfälle wie dieser: Am 17. März 2011 töteten US-Soldaten über 40 Männer eines Ältestenrates in Datta-Khel, Pakistan. Trotzdem behauptete die amerikanische Regierung auch noch, dass es bisher keine zivilen Opfer gegeben habe. Dabei waren die Ältesten keine Terroristen, sondern gehörten einer demokratischen Gesellschaft an, unterstützten diese mit Wissen und Wirtschaftskraft. Trotzdem wurden sie in den amerikanischen Medien als Terroristen gehandelt.

So recht glauben mochte daran aber niemand, obwohl Obama und seine Regierung bei ihrer Darstellung blieben. Selbst im Mai 2013 behauptete er noch: „Before any strike is taken, there must be near-certainty that no civilians will be killed or injured“. Aber Medien überall auf der Welt hatten sich längst ihr eigenes Bild gemacht, kritisierten und verurteilten den entmenschlichten Krieg.
Besonders stark werden dabei die „signature strikes“ kritisiert: Seit 2008 beobachten Soldaten in Steuerzentralen in Amerika per Drohne, wer sich wo wann trifft. Überwiegend in Pakistan. Wer auffällig erscheint wird von den Drohnen bombardiert. So ist es den 40 Ältesten der Dorfgemeinschaft geschehen.

Das alles ist schon eine enorme Menschenrechtsverletzung, möchte man meinen. Der Hashtag, der sich auf eine bekannte Fantasy-Serie bezieht, scheint deshalb auf den ersten Blick etwas lächerlich-machend. Um zu verstehen, warum Amnesty ihn dennoch ausgewählt hat, muss man sich seine Geschichte ansehen.

Das erste Mal wurde der Hashtag wegen eines Tippfehlers genutzt, eigentlich war #gamesofthrones gemeint. Aber schon nach wenigen Tagen markierte auch @MahbinaW einen ihrer Beiträge damit und prompt wurde es interessant. Sie erkannte die Nähe zwischen der Serie und ihrem eigenen Leben in Pakistan und teilte diese Erkenntnis mit der Internetgemeinschaft.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Eine Glücksstunde für den Hashtag. Später wurden Videos und Zeitungsartikel darunter getwittert. Allerdings blieben echte Erfahrungsberichte größtenteils aus. Es entstand keine wirkliche Unterhaltung, kein Austausch von Ideen und Lösungsansätzen. Außerdem mussten sich die Pazifisten zu Beginn den Hastag mit Leuten teilen, die über ganz andere Dinge twitterten. Wie etwa ihre eigenen, selbstgebastelten Drohnen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

http://vimeo.com/60043556

Lustig? Ja. Relevant? Nicht wirklich.

Dennoch gab es einige Twitterer, die hoffen ließen. Zu ihnen zählt unter anderem @matthew_ryan, der für Neueinsteiger erklärte, warum Drohnen überhaupt so gefährlich sind und dass sie dem Soldaten den Sinn dafür nehmen, gerade jemanden zu tötet. Und während er moralisierte, emotionalisierte @SerenaAnsari mit ihren Darstellungen und Beschreibungen von Opfern und ihren Familien.

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Die wirklichen Meister dieses Hashtags waren allerdings die Fans der Serie Game of Thrones. Sie kopierten oder veränderten Zitate aus dem Film und brachten so zynisch zum Vorschein, was sich die Medien wohl gedacht hatten, als sie das erste mal den Begriff Game of Drones benutzten: die Parallelen der Machtspielchen in einer Fantasy-Mittelalter-Welt und derer in unserer Zeit.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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Illustration: Julia Schubert
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Weniger geistreich waren andere Twitterer: Es wurden amerikanische Tote betrauert, aber die gleichen User ließen es sich entgehen, die Opfer in anderen Ländern der Welt zu erwähnen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Zu diesem Zeitpunkt war es aber weiterhin nur Game of Thrones Fans anzuraten, diesen Hashtag zu suchen. Bei weitem diskussionsfreudiger war #DroneWars aufgestellt, einem anderen Hashtag, der sich analog zu Star Wars ebenfalls kritisch mit Drohnen auseinandersetzt. Doch dann übernahm @amnesty.

Als der erste Post der Organisation aufkam, war klar, jetzt geht der Protest in eine ganz andere, produktivere Richtung. Ein Projekt wurde sichtbar.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



#GameOfDrones hat sich bereits jetzt sehr entwickelt. Vom Vertipper zum organisierten Protest. Dennoch kann man nur hoffen, dass es dabei nicht bleibt. Es fehlen die Diskussionen, der Informations- und Erfahrungsaustausch und scheinbar oftmals auch das Bewusstsein über den Ernst des Themas. Vielleicht schafft es @amnesty ja, da dem Hashtag mehr Leben einzuflößen und es für Menschen auf der ganzen Welt interessanter und relevanter zu machen. Ob das dann allerdings auch noch tatsächlichen Einfluss auf die Kriegsführung hat, bleibt zu bezweifeln.


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Text: johannes-drosdowski - Bilder: Twitter

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