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"Wegfall der Optionspflicht" doch noch möglich ?

Text: Bilgin76
Keine Welt, wie es Ihr Gefällt

Eine Woche ist es her seitdem  Deutschland seinen Superstar gewählt hat. An diesem Ergebnis konnte auch, der im letzten Augenblick von Andrea Nahles fulminant interpretierter Pipi Langstrumpf-Lied, nichts ändern. Merkel hat die CDU zum besten Ergebnis der letzten 20 Jahre geführt und wird höchstwahrscheinlich zum dritten mal in der folge regieren. Aber so unbeeindruckt waren die Wähler von Nahles "Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt"-Lied auch nicht und haben der Kanzlerin die Welt nicht so machen lassen wie es ihr gefallen würde. Sie muss Ihre Macht teilen.

Was kommt danach ?

Wohlwissend, dass die Union ohne Sie nicht regieren kann, hat die Opposition zu Merkels klarem Sieg gratuliert und ganz dem Staatsräson nach diplomatisch ihr den Ball zugeworfen.Eine derartig klare Einsichtigkeit bezüglich der eigenen Niederlage, könnte manche Wahlsieger, wie z. B. Erdogan in der Türkei, vor neid erblassen lassen. Wir erinnern uns, seine Pseudo-Linke CHP Opposition bewertete einen überragenden Wahlsieg mit dem Verweis auf die 50,17 % nicht AK-Partei Wähler, als eine Diktatur. Okey, man muss zugestehen der Vergleich hinkt ein bisschen, denn Während die Opposition in Ankara, wegen der absoluten Parlamentsmehrheit von der AK-Partei mit leeren Händen dar stand, lachen sich aktuell die Berliner Wahlverlierer in die Fäustchen.
Keine Frage, es war eine krachende Niederlage der Opposition, aber es ist auch, ausgenommen der FDP, eine zu verschmerzende halbe Niederlage. Merkel hat mit Ihrer Distanz zu der Zweitstimmenkampagne der FDP ihrem Koalitionspartner den Gnadenstoß gegeben und wird voraussichtlich einen großen Preis dafür zahlen müssen. "An Tagen wie diesen" sang die Unionsführung im Siegestaumel vielleicht auch fühlend dass "die tage danach" keine leichte werden.

Erwartungen über den "Wegfall der Optionspflicht" steigen

Die Oppositionsparteien haben jetzt  - unabhängig Ihrer Stimmenanteile - bei geschickter Verhandlung mit der Union die Möglichkeit ihre eigene Politik ebenbürtig umzusetzen. Für viele Migranten ist unter den Politischen Themen die Integrationspolitik naturgemäß ein Thema worauf genauer hingeschaut wird.  Die Kompetenz in diesem Bereich wurde traditionell den politisch linken Spektrum zugesprochen. Dementsprechend wurde auch aus diesem Spektrum heraus in der Bundestagswahl kräftig die Werbetrommel gerührt und Erwartungen geschürt. Hierbei weckt bei jungen Migranten, dass gemeinsame Wahlversprechen der SPD, Grünen und der Linken die Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht abzuschaffen, die größten Erwartungen. Man wird jetzt in den Koalitionverhandlungen ganz genau auf die Finger der Parteien schauen. Jede mögliche Regierungskonstellation, ob Schwarz-Rot, Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün, erlaubt es uns realistische Hoffnungen auf das einlösen dieses Wahlversprechens zu machen. Die CDU/CSU Regierung dürfte nicht mehr um dieses Thema drum herumkommen. Es hängt einzig und allein von der Haltung der potenziellen Koalitionspartnern ab.

Migranten wollen keine ideologischen Gräbenkriege, sondern erwarten Lösungen für Ihre Probleme

Sehr erfreulich ist auch -wenn auch immer noch im Verhältnis zu wenig - die Zunahme der türkischstämmigen Abgeordneten im Bundestag. Auch deren Arbeit wird ganz genau von den Migranten beobachtet werden. Ihr Erfolg wird u.a. auch daran gemessen werden, inwieweit sie sich für die Probleme der Migranten einsetzen. Wenn man schon in türkischer Sprache Wahlplakate aufstellt und in Moscheevereinen gezielt um Stimmen dieser Gruppe wirbt, darf man auch infolgedessen eine aktive Interessenvertretung der umworbenen Gruppe erwarten. Viele erinnern sich noch genau an die Dämonisierungspolitik gegenüber dem Bürgerlichen Migrantenlager. Die hitzigen Debatten über den Beschneidungsverbot, die Islamkonferenz, die Türkeipolitik, die Teilung der Muslime in Gut und Böse usw. ließen die gewählten Vertreter in keinem guten Licht erscheinen. Die polarisierenden Debatten hinterließen den bitteren Nachgeschmack von Profilierungsversuchen auf Kosten von Migranten.

Umso größer sind nun die Hoffnungen und die Erwartungen an die Abgeordneten nicht mehr die gleichen Fehler zu wiederholen, nicht mehr zu spalten und nicht mehr zu polarisieren. Das erfolgreiche Zusammenleben aller Menschen in Glück und Frieden sollte jetzt die Leitmaxime werden, gerade jetzt denn...

... jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, 
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.


                                                Hermann Hesse

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