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"Wir teilen uns einen großen Koffer"

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Der Hype um Haim ging bereits im vergangenen Jahr los: Ohne überhaupt ein Album veröffentlicht zu haben, prangten die drei Schwestern Este (27), Danielle (24) und Alana (21) auf diversen Magazin-Covern, die BBC setzte sie auf Platz 1 der Hoffnungsträger für 2013. Jetzt erscheint das oft verschobene Debütalbum - eine überraschend bunte Platte zwischen gut aufgemöbeltem 80s-Poprock und R'n'B.  

jetzt.de: Eure erste Band hattet ihr zusammen mit euren Eltern – euer Vater am Schlagzeug, eure Mutter an der Gitarre. Würden die mittlerweile gerne wieder bei euch einsteigen?
Alana: Es ist ja nicht so, dass wir unsere Eltern aus der Band geworfen hätten, aber mit unseren Eltern war das bloß ein Hobby. Wir haben nach dem Abendessen gemeinsam gejammt und Songs anderer Bands gecovert. Parallel haben Este, Danielle und ich aber eigene Songs geschrieben – ohne unsere Eltern. Als Danielle dann mit der High School fertig war, haben wir es als Trio versucht. Und unsere Eltern fanden das gut.  

Also kein Neid von den Eltern auf euren Erfolg?
Alana: Nein, im Gegenteil: Die sind wahnsinnig stolz auf uns. Ab und zu sind sie bei Konzerten und kommen sogar auf die Bühne. Und wann immer sie das tun, werden sie vom Publikum unglaublich gefeiert. Mehr als wir.  

Das klingt nach einem starken Familienzusammenhalt. Hattet ihr auch mal Phasen, in denen ihr rebelliert habt?
Este: Nein, unsere Eltern waren immer schon saucool. Sie haben uns nie zu irgendwas gezwungen. Es gab also gar keinen Grund zu rebellieren. Ich meine: Unsere Eltern haben uns Rockmusik spielen lassen – gegen Klassik hätten wir vielleicht rebellieren können. Ich bin als Teenager höchstens mal heimlich aus dem Haus geschlichen und zu Rock-Konzerten gegangen.  

Wurdest du mal erwischt?
Este: Na klar. Ich bin ein Tollpatsch. Dann gab es eine Woche Hausarrest, und das war’s. Als ich 18 war, hab ich Danielle und Alana sogar manchmal mitgenommen. Ich hab ihnen gefälschte Ausweise besorgt, und dann haben wir einen drauf gemacht.  

Ihr wart im vergangenen Jahr auf dem Cover des renommierten britischen Musikmagazins NME zu sehen – obwohl ihr noch nicht mal ein Album veröffentlicht hattet. Das muss aufregend gewesen sein.
Alana: Ja, das war es – zumal wir nicht  alleine auf dem Cover waren, sondern zusammen mit den Jungs von Palma Violets. Das war ein tolles Shooting.
Este: Wir haben mit den Jungs ’ne Kissenschlacht gemacht.
Alana: Ich hab mich dabei sogar verletzt, als ich ein Kissen ins Gesicht bekam. Irgendwie haben wir uns immer mehr reingesteigert und alle Aggressionen, die sich auf Tour aufgestaut haben, in diese Kissenschlacht hineingelegt. Pete, der Keyboarder von den Violets, hatte am Ende sogar ein blaues Auge.  

Von den Kissen? Ihr habt am Ende wohl eure Fäuste benutzt.
Este: Nein, nein – alles von der Kissenschlacht. Ich sage dir: Wenn wir erst einmal in Fahrt sind, ist mit uns nicht gut Kirschen essen.
Alana: Wenn man unter Schwestern aufwächst, weiß man einfach, wie man eine Kissenschlacht gewinnt. Das gehört zur schwesterlichen Grundausbildung. Besser ist bloß noch „Sock’em Boppers“.

Was ist denn „Sock’em Boppers“?
(singen gemeinsam) „Sock’em Boppers, Sock’em Boppers – more fun than a pillow fight!“
Alana: Das sind überdimensionale Handschuhe, mit denen man Leute schlagen kann. Die haben wir uns als Kinder immer gewünscht, von unseren Eltern aber leider nie bekommen.  

Este, wie schwierig ist es für dich, inmitten dieses Hühnerhaufens die vernünftige älteste Schwester zu sein?
Este: Ach, das geht schon. Ich mag es, Verantwortung zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass es allen gut geht. Ein Kontrollfreak bin ich aber nicht.
Alana: Unsere Eltern haben immer schon viel gearbeitet, sodass Este häufig auf uns aufpassen musste. Hat sie super gemacht.
Este: Ihr aber auch auf mich. Ich bin Diabetikern, und Alana und Danielle sind deshalb zu wahren Zucker-Nazis geworden. Die haben mir auch schon mal Kekse aus der Hand geschlagen, wenn es sein musste.

http://www.youtube.com/watch?v=DlLu0_aqE2Q
Songs wie "Falling" haben Haim schon Vergleiche mit Prince oder Michael Jackson eingebracht - dabei geht es auf dem Album meist gitarriger zu.

Alana und Danielle, musstet ihr früher auch Estes alte Kleider auftragen?
Danielle: Wir haben untereinander eh all unsere Klamotten getauscht. Das tun wir heute noch. Auf Tour haben wir bloß einen großen Koffer dabei, aus dem wir uns alle gemeinsam bedienen.

Das muss ein riesiger Koffer sein.
Este: Nein, es geht eigentlich. Wir waschen viel, wenn wir unterwegs sind.  

Wie wichtig ist euch bei Auftritten der Kontakt zum Publikum?
Este: Total wichtig. Ich mag es, eine Beziehung zum Publikum aufzubauen.  

Und du flirtest anscheinend gerne. Du sollst einen Typen aus der ersten Reihe sogar mal nach seiner Telefonnummer gefragt haben.
Este: Nein, ich habe ihm durchs Mikrofon meine Telefonnummer durchgegeben. Das Konzert wurde allerdings im Internet gestreamt. Entsprechend voll war am Ende des Konzerts meine Mailbox (lacht).  

Dann musstest du wohl deine Nummer ändern.
Este: Nein, ich habe immer noch dieselbe. Ich kriege jetzt mehr SMS und WhatsApp-Nachrichten als vorher. Aber ich finde das lustig. Und wenn ich nicht gerade unter der Dusche stehe, antworte ich sogar.
Alana: Das stimmt wirklich. Este ist ständig mit ihrem Telefon zugange.  

Würdet ihr von euch sagen, dass ihr euch charakterlich sehr ähnlich seid?
Danielle: Ja, schon. Trotzdem sind wir natürlich drei unterschiedliche Individuen.
Alana: (singt) „I’m not you, you’re not me / we are as different as can be.“
Danielle: Außerdem sind wir uns wegen unseres unterschiedlichen Alters in ganz verschiedenen Lebensphasen.  

Worin seid ihr euch besonders ähnlich?
Alana: Wir sind alle wahnsinnig erwachsen (lacht).
Danielle: Wir haben alle unterschiedliche Hobbies. Ich beschäftige mich mit Nail-Art, Alana kocht gerne und Este ... äh ... schreibt gerne Text-Nachrichten auf dem Handy.
Alana: Este ist auf jeden Fall die lustigste von uns. Sie kann mich dermaßen zum Lachen bringen, dass ich mir fast in die Hose mache. Wenn es mit der Band mal nicht mehr läuft, kann sie problemlos als Comedian durchstarten.    

Stimmt es eigentlich, dass ihr euch statt Haim beinahe Bagel Bitches genannt hättet?
Danielle: Nein, nicht wirklich. Unser Onkel kam mit dem Namen um die Ecke. Wir haben dann zehn Minuten damit herumgealbert, den Namen aber schnell wieder verworfen. Aber wer weiß: Wenn wir uns als Haim irgendwann ins Abseits gespielt haben, kommen wir als Bagel Bitches vielleicht noch mal zu neuen Ehren.  



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Das Album „Days Are Gone“ von Haim ist am 27. September über Universal erschienen. 



Text: daniel-schieferdecker - Foto: Universal

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