Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Musikanalytiker oder Oberflächenlauscher?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Da ist es also, das 20-Jahre-Jubiläums-Album. „In Utero“, das dritte und letzte Nirvana-Album in der Nostalgiker-Erinnerungs-Gedenkversion: „20th Anniversary Deluxe Edition" heißt das dann. Zwei CDs statt einer, beziehungsweise drei in der „Super Deluxe Edition“. Die erste, klar, enthält die Originalstücke von damals, die zweite neu gemasterte und einige Demo-Versionen der bekannten Songs sowie ein paar Stücke, die es damals nicht aufs Album geschafft haben. Auf CD Nummer drei ist ein Konzertmitschnitt.   

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ich bin bei solchen Neuauflagen bekannter Alben ja immer sehr skeptisch. Ich glaube, die dienen vor allem einem Zweck: Sie sind ein einfacher Weg, eine Band, die längst nicht mehr aktuell ist, noch mal so gut wie möglich finanziell auszuschlachten. Der Fan und Hörer hat davon meistens ziemlich wenig.  

Musikmagazine schreiben über neu gemasterte Alben dann zwar gerne von tollen Sound-Veränderungen („rawer, rough-around-the-edges quality“). Aber mal ehrlich: Man muss sich schon sehr gut auskennen, um da auf Anhieb einen Unterschied zu hören.  

Auch beim neuen „In Utero“ sind die Unterschiede minimal. Aber es gibt sie. Zum Beispiel bei „Heart-Shaped Box“, der ersten Single-Auskopplung. Das einleitende Gitarrenzupfen ist im Original deutlich basslastiger als in der neuen Version. „Pennyroyal Tea“ beginnt im Original mit einem Räuspern Kurt Cobains. In der 2013-Version singt er sofort los. Bei dem neuen „All Apologies“ sind die Streicher im ruhigen Teil des Liedes ein wenig präsenter.  

Die Suche nach diesen Unterschieden war schwierig. Aber ich habe dabei wider Erwarten festgestellt: Sie macht mir Spaß. So ähnlich wie einem ein „Finde den Fehler“-Suchbild Spaß macht. Vor allem aber, weil ich konzentriert zugehört und ganz bewusst auf jede Nuance geachtet habe. Wie genau klingt das Schlagzeug? Scheppert die Snaredrum? Hallt die Bassdrum lange nach? Ist da noch ein leises Akustikschrammeln im Hintergrund zu hören? Dabei bemerkt man Dinge, die man vorher noch nie gehört hat. Mal ganz abgesehen davon, dass es wirklich interessant ist, eine rohe Demoversion eines bekannten Songs zu hören.  

Ich habe gemerkt, dass ich schon lange nicht mehr so genau zugehört habe. Ich konsumiere Musik während der Arbeit, in der Küche, im Auto, auf dem Fahrrad. Ich tue also immer etwas anderes nebenbei. Meine volle Aufmerksamkeit hat ein Lied, geschweige denn ein ganzes Album, schon lange nicht mehr bekommen.  

Früher war das anders. Da habe ich eine CD gekauft, mich in mein Zimmer verzogen, das Booklet aus der CD-Hülle geholt und das Album von vorne bis hinten durchgehört. Mit der Zeit ist mir diese Gewohnheit verloren gegangen, wahrscheinlich weil ich irgendwann nicht mehr so viel Zeit hatte wie in der achten Klasse und gleichzeitig heute mehr neue Musik anhäufe als es damals das Taschengeld zuließ. Das finde ich ein bisschen schade. Und ich werde versuchen, das jetzt mal wieder zu ändern.  

Wie genau hörst du zu? Bist du ein Musikanalytiker? Oder ein Oberflächenlauscher? Und wie erklärst du dir dein Hörverhalten? Hast du zu viel Musik und zu wenig Zeit? Und mach doch mal den Test: Hör dir ein Lied mal an und widme ihm deine volle Aufmerksamkeit. Merkst du was? Hört es sich anders an als sonst?


Text: eric-mauerle - Foto: oh

  • teilen
  • schließen