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Die 49 Gebote der Mode

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Tage, an denen der eigene Kleiderschrank trist und das eigene Stilgefühl wie verreist scheint, können einen schon mal in die Verzweiflung treiben. Deshalb haben wir zum Anlass der Berliner Fashion Week diejenigen um Rat gefragt, die es wissen müssen: Die Designer selbst. An welche modischen Grundsätze und Notfallregeln halten sie sich und was raten sie ihren Freunden und Bekannten in Momenten der Anziehverzweiflung?

„Wenn man auf Anhieb in ein Stück verliebt ist, sollte man es kaufen“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Hien Le, 34, Modedesigner, entwirft seit 2010 klare, puristische Frauen- und Männermode und gehört zu den Klassikern der jungen Berliner Modeszene.

1. Blau und Schwarz kann man sehr wohl kombinieren, auch wenn viele davon abraten. Verschiedene Weißtöne auch. Ich tue es mittlerweile regelmäßig.
2. Frauen brauchen nicht viel mehr als einen schlichten Einteiler und ein gutes Accessoire, um gut auszusehen.
3. Accessoires wirken bei Männern schneller albern als bei Frauen. Die einzigen Accessoires, die ein Mann sich erlauben kann, sind eine Uhr und ein Gürtel. Bei Taschen: Schlichte Tragetaschen oder Weekender. Umhängetaschen mit Schulterriemen finde ich schon wieder schwierig.
4. Im Winter ist es nicht leicht, gut auszusehen. Wenn ich es mir leisten könnte, besäße ich einen Woolrich-Mantel. Er ist eine sehr gute Mischung aus grob und elegant.
5. Birkenstocks sind nicht öko, sondern Klassiker, die je nach Kombination leger oder elegant aussehen können.
6. Wenn es kühl wird und ich gerade nichts anderes dabei habe, wickele ich mir gern meinen Cardigan als Schal um den Hals. Das kann super aussehen.
7. Wenn man auf Anhieb in ein Stück verliebt ist, sollte man es kaufen. Es passiert seltener als man denkt und man sollte dann auch nicht mehr wegen des Preises zweifeln. Zu oft schon habe ich mein Zögern noch lange Zeit später bereut.


„Der Killer sind billig aussehende Schuhe“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Sabrina Dehoff, 45, Schmuckdesignerin, wurde mit ihren bunten Kordelarmbändern bekannt, mittlerweile hat sie einen eigenen Laden in Berlin.

1. Mir gefallen Frauen am besten mit langen Haaren. Da bin ich sehr französisch: Alle Frauen sehen mit langen Haaren besser aus, auch ältere. Ich verstehe nicht, wieso viele Frauen denken, sie könnten ab einem gewissen Alter nur noch Kurzhaarfrisuren tragen.
2. Schmuck setzt Akzente. Das funktioniert nicht, wenn man ihn überall gleichzeitig einsetzt: am Ohr, am Hals, am Arm und an den Fingern. Vollständige Sets tragen nur Königinnen. Wenn es natürlich aussehen soll, ist eine feinsinnige Balance wichtig.
3. Interessanterweise ist man gar nicht so sehr Herr über den eigenen Stil, wie man glaubt. Stil verändert sich zum Beispiel oft mit der Stadt, in der man lebt. In Paris habe ich viel öfter Rock getragen, Berlin ist für mich eher eine Hosenstadt.
4. Man sollte sich Kombinationen, in denen man einen tollen Tag oder eine tolle Nacht hatte, bewusster merken und sich nicht scheuen, sie zu wiederholen. Was mir in verzweifelten Kleiderschrankmomenten hilft, ist die Besinnung auf bewährte Kombinationen.
5. Ich liebe weit geschnittene Kleidung, denn ich finde, Stoffe müssen fallen und sich bewegen. Nichts finde ich schlimmer als den engen Sexy-Look. Die perfekten Kleidungsstücke für den Sommer sind deshalb meiner Meinung nach Kaftane. Leider findet man selten welche, die gleichzeitig hochwertig und unkitschig aussehen.
6. Es ist etwas Schönes, große Wünsche zu hegen und auf zeitlose Teile zu sparen, die man unbedingt mal besitzen will. Ich träume vom perfekten, kamelfarbenen Wollmantel.
7. Der Killer sind billig aussehende Schuhe. Man kann obenrum noch so toll gekleidet sein – wenn die Schuhe nicht schön sind, funktioniert der ganze Look nicht mehr.
 



„Immer in die Schränke der Großeltern schauen!“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Sissi Goetze, 31, Modedesignerin, entwirft minimalistische, leicht nerdige Männermode. Ihr Markenzeichen ist der Raglan-Ärmel.

1. Es gibt keine No-Gos in der Mode. An der richtigen Person kann das schlimmste Teil gut aussehen. Man muss nur an Joseph Beuys und seine Anglerwesten denken.
2. Wenn es überhaupt eine Regel gibt, dann vielleicht die, dass man sich nicht als jemand verkleiden sollte, der man nicht ist.
3. Mode ist subjektiv. Gut ist, was sich gut anfühlt. Komplett-Looks von einem bestimmten Designer zu kaufen, finde ich langweilig. Spannend wird es, wenn man die verschiedenen Teile mit dem bestehenden Kleiderschrank kombiniert.
4. Man sollte in hochwertige Basics und zeitlose Klassiker investieren, zum Beispiel in ein weißes T-Shirt, eine Handvoll ordentlicher Hemden, einen guten Trenchcoat, eine gute Jeans, ein solides Jackett und eine gute Lederjacke. Zu solchen Klassikern kann man ruhig günstigere Sachen anziehen. Um gut auszusehen, braucht man nicht viel Geld.
5. Immer in die Schränke von Eltern oder Großeltern schauen! Da findet man unter Garantie das ein oder andere gute Teil. Die Jacke vom Großvater mit der neuen Shorts ist eine viel spannendere Kombination als alles, was man bei neu bei Modeketten kaufen kann.
6. Ich habe weder viel Zeit, mir selbst etwas zu nähen noch so viel Geld, dass ich mir ständig Neues kaufen könnte. Manchmal tausche ich deshalb Teile aus meiner Kollektion gegen Teile aus der Kollektion eines anderen Designers. Vielleicht sollte man diese Klamotten-Tauschpraxis allgemein wieder viel mehr kultivieren, auch unter Freunden.
7. Für mich gibt es modisch kaum etwas Schlimmeres als billige Hüte. Highstreet-Hüte mit Nadelstreifen zum Beispiel: Wer hat sich das denn ausgedacht? Bei Hüten sollte man ruhig reuelos in einen Borsalino, Mayser oder einen anderen Klassiker investieren.


„Ich denke wenig darüber nach, wie berühmte Menschen sich anziehen“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Odély Teboul von Augustin Teboul, 26, Modedesignerin, entwirft seit drei Jahren gemeinsam mit Annelie Augustin, 28, dunkle, surreale Mode für Frauen.

1. Hässlich finde ich nur, wenn etwas zu vulgär ist. Andererseits: Auch das besitzt eine eigene Schönheit. Im Grunde betrachte ich seltsame Outfits immer als „Artistic Accidents“. Es sind Irritationen, die mich auf neue Gedanken bringen.
2. Ich glaube an die Kostbarkeit von Dingen. Man sollte sich auf wenige, schöne Dinge reduzieren. Mode hat viel mit Verantwortung zu tun.
3. Wenn ich nicht weiß, was ich anziehen soll, trage ich einfach ein weites T-Shirt und eine Bluejeans und bin absolut glücklich.
4. Ich denke nie zu viel darüber nach, wie berühmte Menschen sich anziehen.
5. Wenn ich reise, kleide ich mich am Reisetag gemütlich, packe eine Jacke, eine Jeans, ein T-Shirt, einen Pullover, ein Kleid und eine Strumpfhose ein, für den Fall, dass ich mich schick machen will. Und ein einziges Paar Schuhe, das ich zu allem anziehen kann.
6. Man sollte mindestens ein Stück besitzen, das für die Ewigkeit ist.
7. Ich könnte in meiner Garderobe nie auf ein weißes T-Shirt, eine gute Jeans, eine Lederjacke, einen Kaschmirpulli und klassische Männerschuhe verzichten.


„Gute Kleidung funktioniert immer ohne Schmuck“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Vladimir Karaleev, 32, macht seit 2006 Frauenmode. Seine Schnitte leben von offenen Nähten, verdrehten Säumen und der Liebe zur Dekonstruktion.
 
1. Kürzlich dachte ich, ich habe überhaupt gar nichts mehr anzuziehen. Ich habe dann eine schlichte blaue Hose gekauft, und plötzlich konnte ich wieder alles kombinieren. Manchmal braucht es nur ein Teil, um alle anderen Teile wieder verbinden zu können.
2. Ein gutes Kleidungsstück funktioniert prinzipiell ohne Schmuck, weil es selbst Schmuck genug ist. Ich trage nur eine kaum sichtbare silberne Kette um den Hals, die ich nie abnehme. Ich mag den Gedanken, dass sie immer dabei ist und sehr viel mit mir erlebt hat.
3. Ein ewiges Rätsel ist mir das Konzept der klassischen Abendgarderobe, wie man sie auf roten Teppichen sieht. Ich finde es nicht schön, wenn die Leute zu angezogen aussehen. Diese akkurat hochgesteckten Haare, die viel zu opulenten, eng anliegenden Stoffe, das ganze Hollywood-Schönheitsideal, das ist mir alles völlig fremd. Stoffe müssen so lebendig sein wie Haut. Im besten Fall bildet beides eine Symbiose.
4. Haut zeigen kann schön sein, aber nicht um jeden Preis. Mich befällt eine unerträgliche Scham, wenn mich jemand mit einem zu großen Dekolleté konfrontiert. Ich empfinde das fast als einen Übergriff. Die Auswirkung ist einfach unangemessen. Mode muss persönlich sein, bei sich bleiben und allein daraus seine Wirkkraft entfalten.
5. Am schönsten ist eine Frau, wenn sie improvisiert. Wenn sie ein riesiges weißes Hemd als Kleid anzieht, oder ein einfaches T-Shirt zu einem Couture-Rock. Wenn eine Frau improvisiert, sieht es immer gut aus. Männer haben es da viel schwerer.
6. Die schlimmsten Taschen sind Laptoptaschen mit Gurt und Henkel. Dann schon lieber eine alte, lederne Aktentasche, in die man den Laptop steckt. Ich trage immer einen schlichten Stoffrucksack. Ich mag auch diese Segelbeutel gern, die man oben mit einer Kordel zusammenzieht.
7. Ich bin ein großer Fan von Sandalen. Ich trage lederne Altmänner-Sandalen, fast komplett geschlossen. Die kann man super zum Anzug anziehen, das habe ich mir von meinem Opa abgeguckt.


„Sich achtsam zu kleiden, kann einem an schlechten Tagen helfen“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Svenja Specht, Modedesignerin und Künstlerin, gründete ihr Label Reality Studio 2005 und entwirft androgyne, von ethnischen Einflüssen geprägte Frauenmode.

1. Große Tücher sind ein essentieller Bestandteil meiner Garderobe. Das können auch Hamam-Badetücher oder Geschirrhandtücher sein, ganz egal: Wenn sie das entsprechende Format haben und eine tolle Haptik und Optik, nutze ich sie als Accessoire. Ich habe immer eines dabei, das ich mir entweder um den Hals wickeln, im Flugzeug in den Nacken rollen oder an einem kühlen Abend um die Knie legen kann.
2. Ich bin ein Fan von Overalls. Darin ist man angezogen und braucht nicht viel mehr.
3. Es muss nicht jede Saison ein komplett neues Outfit sein. Oft reicht es, gezielt nur ein einziges neues Stück zu kaufen um ganz neue Kombinationen zu ermöglichen. Heute trage ich zum Beispiel eine Hose aus unserer Sommerkollektion von 2008 und eine Bluse aus dem Sommer 2010 und es fühlt sich alles andere als alt an, weil es eine Kombination ist, die ich so noch nie getragen habe. Die Dinge ändern ihre Bedeutung.
4. Manche Stücke teile ich mit meinem Partner. Wenn wir zum Beispiel einen teuren Pulli sehen, den wir beide mögen, kaufen wir ihn zusammen.
5. Für mich hat der Prozess des Sich-Kleidens vor allem mit Selbstachtung zu tun. Ich frage mich weniger: „Wie will ich heute aussehen?“ Sondern: „Was brauche ich heute?“ Nach diesem Prinzip suche ich sogar morgens meine Kaffeetasse aus. Ich habe zwar nur zwei, aber ich frage mich jedes Mal: Ist heute eher ein dunkelblauer oder ein weißer Tag?
6. Sich achtsam und mit Haltung zu kleiden, kann einen Kontrapunkt zur Niedergeschlagenheit an deprimierten Tagen setzen. Wenn du dich traurig fühlst, ist das Herumlaufen in der schlabberigen Jogginghose nicht immer dienlich. Sich gerade dann achtsam zu kleiden, wenn man instabil ist, kann eine Strategie der Selbsterhaltung sein und einen in eine andere Richtung lenken.
7. Ich glaube an Ausstrahlung. Wenn man sich wohl in seiner Haut und in seiner Kleidung fühlt, gibt man positive Vibes weiter.


„Brüche sind wichtig“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Malaika Raiss, 28, ist seit 2010 mit ihren farben- und kontrastreichen Entwürfen für Frauen die derzeitige Lieblingsdesignerin vieler Modeblogger.

1. Ich mag keine Statements in der Mode. Ich will nicht an einem Tag Business-Malaika sein und an einem anderen die rockige Malaika. Es muss immer aus mir selbst heraus stimmig sein. Wenn mich jemand fragt, ob ich einen Termin bei der Bank habe, weiß ich, dass ich das nicht ganz geschafft habe.
2. Ich gehe am liebsten allein einkaufen. Eine zweite Meinung verwirrt mich eher. Wenn es irgendwie geht, schlafe ich über Kaufentscheidungen.
3. Ich kaufe nur Sachen, die sich auf der Haut gut anfühlen und in denen mich hundertprozentig frei bewegen kann. Dass etwas toll aussieht, ist für mich kein alleiniges Argument.
4. Brüche sind wichtig. Ich mag Kleidungsstücke, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen. Zum Beispiel bedruckte T-Shirts mit abgeschnittenen Ärmeln in Kombination mit Seidenhosen. Ich trage auch nie eine Mütze, die zum Schal passt, oder einen Cardigan, der zum Shirt passt.
5. Farblich gilt für mich: Weniger ist mehr. Lieber ein dezentes Outfit und ein knalliges Accessoire als andersherum. Ich mag es, wenn der Nagellack auf die Accessoires abgestimmt ist. Und ich finde: entweder ein abgefahrener Haarschnitt oder eine abgefahrene Haarfarbe. Beides ist zu viel.
6. Ich habe schon viele Freundinnen davon überzeugt, dass es noch mehr gibt als den täglichen Jeans und T-Shirt-Look. Viele denken, sie könnten keine Kleider im Büro tragen. Oder sie trauen sich nicht, Weiß zu tragen, weil sie denken, dass es nach Krankenhaus oder Hochzeit aussieht. Dabei ist der Trick nur, farbige Schuhe oder eine farbige Kette dazu anzuziehen. Ein maskuliner Hut zu einem weißen Seidenkleid sieht auch immer toll aus.
7. Anthrazit steht keinem Mann. Und ich weiß auch nicht, wer auf die Idee gekommen ist, Frauen zu sagen, Creme, Champagner oder Eierschale seien die idealen Farben für eine Hochzeit. Sie lassen jeden Hauttyp blass und fahl erscheinen.


Text: mercedes-lauenstein - Illustration: Tuong Vi Pham; Fotos: OH

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