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Mädchen, wie ist das mit dem Damenbart?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Mariam war 21, als sie ihren Sohn bekam. Mit ihm bekam sie aber noch etwas: Bartwuchs. Die Mediziner, schreibt sie heute in ihrem Blog, wissen noch immer nicht genau, worauf es zurückzuführen ist, aber es ist so und es wird wohl auch so bleiben: Mariam ist eine Frau und hat einen Bart am Kinn.  

20 Jahre lang versuchte sie, diese Tatsache zu verbergen und die Haare wieder loszuwerden: Mit Zupfen, rasieren, epilieren. All das war aber nicht nur schmerzhaft mühsam und eine Sisyphusarbeit – es fühlte sich auch nicht richtig an. Seitdem lässt sie ihren Bart stehen, bloggt darüber und geht allgemein sehr offensiv damit um, dass sie ums Kinn herum anders aussieht als andere Frauen.  

Nun sind Haare im Gesicht ja auch einigen anderen von euch bekannt. Hier und da kommt mal solche ungebetenen Gäste durch eure feine Haut geschossen, bei manchen öfter und an mehreren Stellen, bei manchen nur ganz selten und vereinzelt. Dafür kann niemand was, das hat meistens genetische Ursachen oder ist Folge einer Hormonstörung.  

Trotzdem reagieren die meisten Mädchen, so ist zumindest mein Eindruck, relativ panisch auf solche Härchen in ihrem Gesicht. Es muss dann sofort eine Pinzette gesucht werden und mit der Hinrichtung des Eindringlings begonnen werden. Das ist einigermaßen nachvollziehbar, wir Jungs sind ja auch keine großen Freunde von dicken schwarzen Borsten in euren Gesichtern. Aber: Es sieht so aus, als wären Barthaare für euch sehr viel schlimmer zu ertragen als zum Beispiel die Haare an euren Beinen oder an anderen Stellen. Denen macht ihr zwar auch den Garaus, aber doch irgendwie mit einer gewissen Gelassenheit und ohne euch dafür groß zu schämen. Bei Haaren im Gesicht hingegen hat das eher was von einer geheimen Mission eines Sondereinsatzkommandos: am besten soll gar niemand mitbekommen, dass es jemals etwas zu beseitigen gab. 

Also, liebe Mädchen: Wie schlimm ist es für euch, wenn euch Barthaare wachsen? Was denkt ihr über andere Mädchen, bei denen es auf der Oberlippe Anzeichen eines Flaums gibt? Klärt uns doch mal ein bisschen auf über das Verhältnis zu den Haaren im Gesicht!

Auf der nächsten Seite liest du die Mädchenantwort


Die Mädchenantwort von martina-holzapfl:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Ich habe mal mit einem Forscher darüber geredet, warum wir solche Angst vor Fratzen haben. Er sagte: Weil wir all das, was wir nicht einordnen können, als besonders bedrohlich empfinden. Im Traum zum Beispiel produziert das Hirn Fratzen, indem es willkürlich Gesichtsfetzen aneinander stückelt. Die aus dem Lot geratenen Proportionen machen uns Angst. Weil sie uns auch ratlos machen, wird aus der Furcht Ekel.

Ein Damenbart hat eine fratzenähnliche Wirkung. Unser Hirn sagt: Frau und Bart? Das gehört nicht zusammen! Was ist da los? In jedem Fall finden die meisten den Anblick wohl irgendwie: bedrohlich. Genauso verhält es sich mit der Frauenglatze oder der Zehenbehaarung. Solche Sachen hauen uns nicht gleich vom Stuhl vor Schreck. Aber als normal oder gar schön gelten diese Phänomene deshalb noch lange nicht.

Du kannst einen Damenbart deshalb nicht mit der üblichen Körperbehaarung vergleichen. Es gibt Stellen, an denen man als Frau laut Schönheitsideal ganz einfach keine Haare zu haben hat. Bei euch Männern gibt es die doch auch: Man nehme nur die allseits gefürchtete Rückenbehaarung.

Wir machen uns aber auch selbst das Leben schwer. In Unterhaltungen mit Freunden und Freundinnen kultivieren wir diese angeblichen No-Gos. Wir witzeln darüber, was so „üüüüberhaupt nicht geht“. Tritt ein solches Schönheits-No-Go dann an unserem eigenen Körper auf, kriegen wir einen Riesenschreck. Wir denken: Ach du Scheiße, jetzt ist es soweit, jetzt ist der Ofen aus - einmal Damenbart, immer Damenbart. Google den Begriff mal bitte. Die männlichen Reaktionen darauf sind flächendeckend so abgetörnt, als ginge es darum, dass einem eine dritte Brust aus dem Rücken wächst. Wie sollten wir da ein entspanntes Verhältnis zu dem Thema entwickeln?

Das Einzige, was ein bisschen tröstet, ist, wenn wir einer ganz besonders schönen behaarten Frau begegnen. So eine Mischung aus Penelope Cruz und Frida Kahlo zum Beispiel. Bei so einer kann eine exzentrische Behaarung plötzlich Stil haben, eine gewisse rauhe Sexyness repräsentieren. Dann denken wir: Siehste, bei der ist das nämlich gar nicht eklig, sondern fast ein bisschen heiß! Und für einen kurzen Moment sind wir besänftigt. Auch wenn wir selbst gar keine Penelope Cruzes sind.

Im Großen und Ganzen aber bleibt es aber doch eine deprimierende Angelegenheit, dunkle Härchen auf der Oberlippe zu entdecken. Hinzu kommt, dass man sich seine eigenen Makel immer größer denkt, als sie sind. Und wenn man dazu gerade aufgrund eines langen Winters auch noch sehr blass ist, und die Härchen besonders dunkel aussehen, dann kriegt man jedes Mal wieder einen kleinen Schreck. Aber was soll man machen? Zupfen? Färben? Wachsen? Nicht nur bekämen sie dann viel zu viel Aufmerksamkeit, auch müsste man sich dann eingestehen, dass man vielleicht wirklich... nein. Hat man nicht. Da wuchert nichts, da muss auch nichts entfernt werden. Wir hätten viel zu viel Angst, dass es dann sofort mehr würden. Oder dass sie „dicker“ nachwüchsen, dass da nachher dann auch noch Stoppeln sind. Keine Ahnung, was an solchen Beauty-Gerüchten dran ist. Aber bevor wir es schlimmer machen, lassen wir es lieber so, wie es ist. Und denken nicht drüber nach.

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