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Nicht besonders, dennoch kennt es jeder.

Text: fmb0911

Der Tag ist grau und ich mache mir Notizen. So mache ich das immer, wenn ich mal wieder zu viele Gedanken habe. Ich schreibe alles auf, ordne meine Stichpunkte und komprimiere alles auf das wichtigste. Das fällt mir schwer, weil ich immer sehr viel zu sagen habe, aber es ist nötig. Heute brauche ich das, denn ich will nichts falsch machen. Ich will nur das richtige sagen.
Ich kritzele noch die letzten paar Wörter auf Papier und mache mich auf den Weg.
Im Auto gehe ich noch einmal alles genau durch und habe einen Kloß im Hals.
Ich komme an, aber er ist noch nicht da. Die Ungeduld lässt meine Hände zittern.
Dann sehe ich ihn und im ersten Augenblick ist es wie immer, ich lächle, bevor mir wieder einfällt, dass es nichts zu lächeln gibt. Ich will ihn küssen, aber er neigt seinen Kopf und ich berühre mit meinen Lippen nur seine Wange. Mein Blick sinkt zu Boden.
„Wollen wir an unseren Platz?“ fragt er mich betrübt. Ich nicke nur und wir gehen. Ein wenig belangloses Geplauder später erreichen wir unseren so genannten Platz.
Es ist eine Bank, die unter einer Eiche steht, neben der Kirche unserer Stadt.
Das letzte Mal als wir hier waren, war es ein sonniger Tag und wir küssten uns fast den ganzen Nachmittag lang, während wir uns darüber amüsierten, dass alle älteren Spaziergänger uns entsetzt beobachteten.
Jetzt ist es Abend und die Bank fühlt sich ganz anders an.Ich hasse diesen Platz jetzt schon, denke ich bei mir.
,,Ich glaube wir sollten das Ganze doch lassen.“ sagt er monoton und schaut dabei in die Luft. „Ich kann das gerade einfach nicht.“ - ,,Ich verstehe.“
,,Ich habe so viele Probleme, das weißt du, und ich glaube einfach,naja, dass ich das jetzt alleine machen muss.“ Er erklärt es mir so als wäre es auswendig gelernt. „Ich verstehe.“
Wo sind alle meine guten Argumente? All meine Notizen sind einfach wie weggeweht.Und ich habe mich doch so gut vorbereitet. 



„Ich glaube ich kann zurzeit einfach niemanden lieben.“
Das war der Schlag, das war der Messerstich direkt ins Herz. Und meine Gedanken schweifen ab: 



 



,,Ich glaube ich liebe dich“, flüstert er mir zu. ,,Nein, ich liebe dich. Nur - Ich liebe dich. Ich habe so etwas bisher noch nie gefühlt, aber du bist meine Liebe.“
Ich will diesen Augenblick ganz in mich aufnehmen. Ich weiß nicht warum er es gerade jetzt gesagt hat, denn es gab keinen Anlass, aber dennoch ist es der perfekte Moment. Ich hätte mir keinen besseren Augenblick vorstellen können und fange an zu lächeln.
Es kommt mir vor, als hätte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie richtig gelächelt. Es tut schon etwas weh und mein Herz schlägt mir gegen die Brust, so als hätte es vorher noch nie richtig geschlagen. Ich küsse ihn, nehme sein Gesicht in meine Hände und die Welt steht still. Ich liebe den Geruch seiner Haut. Wir lieben uns auf der Beifahrerseite des Autos.




Mit zitternder Stimme, ganz unsicher und gar nicht so wie ich es ausdrücken wollte, sage ich:,, Aber du brauchst doch Hilfe! Du kannst nicht alles alleine machen und ich will dir dabei doch nur helfen! Ich liebe dich!“
Er sagt nichts, ich auch nicht.
Ich fange an zu realisieren, was sich gerade abspielt und dann passiert es. Ich unterdrücke es mit allen Mitteln, ich brauche meine ganze Kraft dazu, aber ich bin schwach und die brennenden Tränen schießen mir in die Augen. Ich hasse mich dafür.
Natürlich bemerkt er es sofort und vergräbt sein Gesicht seufzend in seinen Händen.
Mir ist alles egal, ich spüre nur noch das Verlangen nach Klarheit:,,liegt es an mir? Ich kann mich ändern!“



,,Nein, es liegt wirklich nur an mir.“  Als hätte er eine große Portion Klischee verschluckt.
Wir sitzen nebeneinander, beide ohne Worte. Ich bin so schwach. Die Zeit vergeht langsam, so wie immer wenn wir zusammen sind. Nur diesmal auf eine ganz andere Art und Weise und ich erinnere mich:



Wir sind auf dieser Party. Er sitzt neben mir auf der Veranda und um uns herum läuft alles ganz schnell. Als hätte jemand die Zeit auf doppelte Geschwindigkeit geschaltet - wie im Film. Überall sind Menschen, Freunde, Bekannte. Sie trinken, sie lachen und die laute Musik erfüllt die warme Sommernacht mit Leben, während für uns die Zeit nur ganz langsam läuft.
Er schaut mich an, mit seinem intensiven Blick und ich bin mir sicher er sieht etwas, was noch keiner vorher gesehen hat. Es raubt mir den Atem und macht mir Angst, doch es ist keine Angst im herkömmlichen Sinne. Es ist die unbeschreibliche Furcht das alles hier ein mal zu verlieren, ihn zu verlieren. So wie er ist, als wäre er in meinem Kopf und wüsste einfach so alles über mich ohne auch nur eine einzige Frage zu stellen.

Eine Stunde später. Wir sind müde vom Schweigen. „Ich gehe dann jetzt.“, sage ich leise. „Soll ich dich noch zum Auto bringen?“, ich schüttele den Kopf. „Ich wünsche dir viel Glück“, und drehe mich um. Die Tränen fließen über mein heißes Gesicht und ich denke nur noch an den Zeitpunkt vor etwa 6 Wochen.

Er küsst mich auf die Stirn und steigt aus dem Auto. Das war alles. Wir hatten uns gerade erst kennengelernt, aber es war diese kleine Geste und ich wusste ich bin gefangen. Ich wusste, es ist um mich geschehen. ,,Es muss etwas besonderes sein“, geht mir die ganze Nacht noch durch den Kopf - „es muss einfach!“




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