Sie hält sich fest, um nicht zu atmen. “Schrei”, tönt es von hinten. “Schrei, so laut du kannst und atme dann langsam aus”. Die Schauspiellehrerin ist verrückt geworden, denkt sie. Seit diesem Indientrip, schreit sie alle Emotionen heraus. Dabei sind es gerade die leisen, die sie interessieren. Leise Fingerspitzenberührungen, kurzes Nachhaken in einem Gespräch im Augenwinkel oder einfach nur ein Seufzen.

Hier herrscht jedoch Dramatik. Sie soll als Vorbereitung für das nächste Stück alle Emotionen kennenlernen. Dabei will sie das vielleicht gar nicht. Vielleicht sind diese Emotionen dort wo sie sind sehr gut aufgehoben. Sie können dort umherwandern, sich kennenlernen, vielleicht ein wenig dösen, lassen aber vor allem sie damit in Ruhe.

“Schrei” hört sie wieder, diesmal umfasst sie dabei ihren Rippenbogen und drückt fest zu.

“Aaaah”, keucht sie. “aaa...aaa...hhh”. “Aus dem Bauch heraus, dort unten im Zwerchfell sitzen sie, nicht hier in der Brust, hörst du!”

“Ja”, antwortet sie leise und bestimmt und lässt sich auf den Mattenboden fallen.