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Mädchen, was ist euer Schwanzvergleich?

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Liebe Mädchen, wir müssen mal über das Nacktsein reden. Genauer: Über eure Blicke und Gedanken, wenn ihr zusammen mit anderen Menschen nackt seid. 
 


Gerade ist im SZ-Magazin eine Reportage über die größte Nudistenkreuzfahrt aller Zeiten erschienen. Der Fotograf hat die Nackten zu einem Gruppenfoto versammelt, es quillt geradezu über vor Fleisch. Als ich die Seite mit diesem Bild aufschlug und meine Augen das ganze schwabbelige Menschen- und Hautwirrwarr dort irgendwie zu verarbeiten suchten, merkte ich, dass sie auf ihrer Suche nach Halt schnell an kleinen Details im Bildvordergrund hängen blieben: An den Penissen der Männer. Ich war ein bisschen überrascht, denn ich finde zum Beispiel Brüste wesentlich attraktiver als Penisse. Trotzdem schaute ich genau dort hin.
 


Es scheint mir dafür nur eine logische Erklärung zu geben: Die männliche Neigung zum Schwanzvergleich. Der ist uns einfach nicht auszutreiben. Ihr könnt noch so oft die Geschichte von der Technik erzählen, auf die es ankommt. Selbst wenn wir euch glauben, werden wir niemals aufhören, uns eine Premium-Ausstattung zwischen den Beinen zu wünschen und sie bei jeder Gelegenheit mit der unserer Geschlechtsgenossen zu vergleichen. Ob in der Dusche nach dem Sportunterricht, beim Zusammentreffen an der Pissrinne hinter dem Bierzelt oder in der Sauna – wir können nicht anders als immer mal wieder in der gebotenen Heimlichkeit zu überprüfen, was und wie viel bei den anderen so baumelt. Weil das mit der Heimlichkeit nicht immer funktioniert, bekommt man solche Blicke hin und wieder sogar mit. In der Sauna zum Beispiel scheint es uns manchmal sogar, als würden wir öfter von anderen Jungs kritisch überprüft als von euch.
 


Nun ist uns bekannt, dass das kritische Mustern anderer Mädchenkörper eine Beschäftigung ist, der ihr gerne und ausgiebig nachgeht. Ihr vergleicht Frisuren, Schminke und Fältchen, inspiziert und interpretiert den Kleidungsstil anderer Mädchen bis hin zur Länge der Fransen an ihrem Schal. Was wir nicht wissen: Wo schaut ihr eigentlich hin, wenn ihr alleine und nackt seid? Wenn die Schminke, Kleidung und sämtliche Accessoires draußen bleiben müssen? Was tun eure Blicke, wenn ihr in einer dieser Frauensaunas verschwindet, die euch vor unseren Blicken schützen sollen? Vergleicht ihr dann Brustgrößen und prüft, in welchem Winkel die Brustwarzen vom Körper weg zeigen? Errechnet ihr ein Cellulitedellen-pro-Quadratzentimeter-Verhältnis? Versucht ihr euch an möglichst genauer Schamlippenmusterung? Mädchen, sagt mal: Was ist euer Schwanzvergleich?



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Die Mädchenantwort von teresa-fries:

Liebe Jungs, so einfach wie bei euch ist das bei uns Mädchen leider nicht, auch wenn alle Hüllen gefallen sind, dir wir aneinander sonst so gerne mustern. Der geschlechtsinterne Vergleich körperlicher Vorzüge – oder wie ihr es nennt „Schwanzvergleich“ – ist bei uns Frauen eine diffizile Angelegenheit.

Bevor wir aber Einblick in diesen Vorgang gewähren, lasst euch sagen: Wenn ihr euch in der Sauna eher von Männern beobachtet fühlt, liegt ihr damit wohl richtig. Denn ja, selbst wenn wir euch sexuell schon anziehender finden, sieht ein nackter Frauenkörper auch in unseren Augen oftmals einfach schöner aus als der eines Mannes. Und es gibt mehr daran zu sehen. Genau da liegt der springende Punkt: Ihr fokussiert euch auf ein Körperteil, wenn es um eure Positionierung im Sauna-Rudel geht. Der mit dem längsten Penis ist das Alphatier und hat gewonnen, der mit dem kleinsten setzt sich lieber in die Ecke und legt unauffällig das Handtuch in den Schoß. Frauen haben Kategorien, deren Anzahl quasi gegen unendlich geht: Nase, Bauch, Taille, Oberarme, Poform und Pogröße, Haare, Schamlippen, Stirnfalten, Speckringe, Füße, Brüste, Intimfrisur, Knie, Oberschenkelaußen- und innenseite, Fingernägel, Schönheitsflecken, Wimpernlänge und vieles mehr.

Natürlich checken wir nicht alle Kategorien bei jeder Frau ab, die wir nackt sehen. Das würde zu einer Aufenthaltsdauer in der Sauna führen, die tödliche Folgen haben könnte. Uns fallen an Frauen sofort die Stellen auf, die uns an uns selbst am meisten stören. Finden wir unsere Nase zu groß, fällt uns auf, was für beneidenswert schöne Nasen um uns herum sitzen. Halten wir die Speckröllchen an der Hüfte für unseren größten Makel, werden wir bei jeder Frau sofort darauf schauen. Hat uns eine Fernsehreportage im Bezug auf unsere Vagina verunsichert, werden wir versuchen herauszufinden, wie das bei anderen so aussieht. Je zufriedener wir also mit uns selbst sind – und jeder weiß, das ist tagesabhängig – desto entspannter ist für uns tendenziell der Saunabesuch.

Der zweite Unterschied zu euch Jungs ist, dass wir nicht so linear denken. Für euch gilt: großer Penis = guter Penis. Wir aber wollen oft genau das, was wir nicht haben. Haben wir sehr kleine Brüste, beneiden wir die vollbusigen Mädchen um uns herum. Sind wir mit einer sehr großen Oberweite ausgestattet, schauen wir neidisch auf kleine Brüste, die unsere Meinung nach viel straffer, formschöner und viel eleganter anmuten. Wir würden so gesehen immer Gründe finden, warum die Frau links oben und die rechts hinten und die in der Mitte und überhaupt alle Frauen in der Sauna schöner sind als wird. Das würde uns regelmäßig in Depressionen stürzen, wäre da nicht unser Schutzmechanismus: jede Frau hat auch etwas, was wir „in besser“ haben.

Wir vergehen also nicht vor Neid, sondern sorgen für Ausgleich: Die links hat vielleicht den schöneren Po, dafür ist ihre Nase zu krumm. Die hinter ihr hat einen schöneren Busen, dafür sind meine Beine schöner. So ist unter Frauen vielleicht ab und zu mal eine perfekte Schönheitskönigin auszumachen, aber alle anderen können trotzdem die Sauna mit einem ganz guten Gefühl verlassen.

Alles in allem aber bleibt zu sagen, ein wirkliches Äquivalent zum Schwanzvergleich gibt es unter Frauen nicht. Bei uns geht es nur um ästhetische Ansichten. Dass ein Riesenpenis nicht wirklich hübscher ist als ein durchschnittlicher, müsst ihr auch zugeben. Da geht es um andere Dinge. Und die Anzahl ihrer fruchtbaren Eizellen, ihre Orgasmusfähigkeit oder ihr Können beim Oralverkehr ständig zu vergleichen, ist für Frauen zum Glück nicht möglich.

P.S.: Bei Cellulite übrigens sind wir Mädchen eher solidarisch. Die hat jede oder bekommt sie noch und  das ist nicht zu ändern. Wenn man sie sieht, freut man sich einfach, dass man nicht alleine ist mit ihr.

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