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Vom rar machen und Neuanfängen

Text: Luckyone
"Ich glaube das wird noch was...", sagt meine Mitbewohnerin neben mir auf dem Balkon. Es ist kalt draußen, ich friere, seit sich der Winter vor einigen Tagen zurück in die Stadt geschlichen hat. Es schleicht vieles dieser Tage... Die Autos in den Straßen, die Menschen unter dicken Schals und Kapuzen und Du Dich in mein Leben. Ich sehe hoch und blase den Rauch meiner Zigarette in den Himmel.



"Nein, wirklich. Das wird noch was.", wiederholt sich meine Mitbewohnerin auf mein beharrliches Schweigen hin. "Glaube ich nicht...", werfe ich ein und bin überrascht über all die Gefühlsregungen in mir. Ein Teil meiner selbst schreit wütend auf bei meiner bereitwilligen Kapitulation. Der andere Teil sagt mir, es sei genau die richtige Einstellung, schließlich sei mein Scheitern vorprogrammiert.



"Warum hat er wohl gestern angerufen? Und dann die Geschichte heute Mittag. Der will, das merkt er langsam selber.", insistiert sie erneut. Die Geschichte heute Mittag war in der Tat ähnlich merkwürdig wie dein gestriger Anruf aus dem Nichts. Ob wir nicht essen gehen wollen, fragtest Du mich da. Nur der Arbeit wegen versteht sich. Trotzdem seltsam, wo wir doch noch nie essen waren. Das alles ist seltsam, zumindest von meiner Seite aus. Du machst Dir wahrscheinlich über all das gar keine Gedanken. Es ist wahrscheinlich alles nur in meinem Kopf... Ein Wunder das darin überhaupt noch Platz ist für irgendetwas.



"Du solltest Dich rar machen", schlägt mir meine Mitbewohnerin vor, "das ist immer die beste Taktik". Das Wort halt in meinem Kopf nach. Ich will keine Taktik und mich erst recht nicht rar machen. Manchmal denke ich, wenn ich mich noch rarer mache, verschwinde ich bald. Ich will auch kein Spielchen spielen und keine Schachzüge planen. Hier geht es um Gefühle und um mein Herz. Und das war noch nie ein guter Spieler.



Eigentlich will ich doch einfach nur Dich. Ich weiß nicht warum das so schwer ist. Ich weiß aber, Du steckst in einer schwierigen Beziehung und wären wir Freunde, dann würde ich Dir sagen, das es manchmal kein Zurück mehr gibt aus einer jahrelangen, verworrenen Situation. Und dann ist es besser, beiden Seiten einen Neuanfang zuzugestehen. Aber das kann ich Dir ja wohl schlecht sagen. Ich kann Dir nur sagen: ich wäre gerne genau das, dein Neuanfang.



"Weißt Du", sagt meine Mitbewohnerin, "manchmal muss man halt einfach etwas Geduld haben und dann wird das." Ich sehe sie an und möchte sie in den Arm nehmen, weil sie sich so rührend um mich sorgt. "Gute Nacht, meine Liebe", antworte ich, drücke ihr in Gedanken einen dicken Kuss auf die Wange und gehe zurück ins Warme. Als ich wenig später im Bett liege, kreisen meine Gedanken wieder um Dich. Ich drehe mich von links nach rechts und gebe irgendwann auf und beginne zu schreiben, denn zumindest hier kann ich Dir genau das sagen, was in der realen Welt keinen Platz finden wird: Ich warte gerne noch länger, wenn Du dann endlich irgendwann aufhörst Dich so rar zu machen und mit mir den Neuanfang wagst. Bis dahin wird es jetzt erstmal Zeit zu schlafen.



Träum süß!

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