die Freiheit
Traumhaft fehlt dem Tag der Sinn, die Straßen führen über die Wolken, den Himmel und den hellblauen Asphalt zur Sonne hin. Kein Ziel, Schilder zeigen nach rechts und ich fahre links; mit dem Wind im Rücken schießt mich der Alltag aus der Stadt, spuckt mich fast aus und atmet auf, mich endlich los zu sein.
Die Sonnenbrille überwirft die auf mich zukommende Landschaft mit einem orange-rotem Schleier. Ich schwelge in Erinnerungen, die ich selbst nie erlebte habe, beneide meine Eltern für ihre sorglose Jugend, die ich von ihren alten in Rotstich getauchten Fotos nur erahnen kann. Die Welt war so unentdeckt, unberührt, jeder Tag war neu und revolutionär, Musikkultur blühte auf, Autos fuhren oder fuhren nicht, die Farben waren kräftiger und echter. Frustration darüber, dass es nie wieder so sein wird, hält meine Aggression im Zaum. Zu viele sind glücklich damit, so wie es ist… mich dort einzuordnen, hat mich krank gemacht.
Ich lächle dem Mädchen entgegen, sehr oft sitzen wir hier im selben Bus. Ich hoffe auf den Blickkontakt, den wir bisher nie hatten, sie hält ihr Handy in der Hand und ist am Tippen. Drei Haltestellen gehören nur mir und ihr, dann steigt sie aus, schaut durch mich hindurch und verschwindet im grauen Haus, Nummer 20. Für sie bin ich unsichtbar, nur ein weiterer Gesichtsloser, der den Bus um einen Sitzplatz verringert.
Ich steige aus dem Auto aus, bin schon daheim, hoch ins Bett, Fernseher an, den Laptop gleich nebendran. Eingeordnet im Teufelskreis, den wir das Leben nennen.