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Schule ohne Hefte

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Der Philosophiestudent Mark Kreuzer (28) und die Schüler Malte Götz, Niklas Holloh und Rafael Regh (alle 18) sitzen vor ihren Computern. Die Headsets sind schon angeschlossen und das Interview kann gleich losgehen. Per Sykpe, denn so kommunizieren die vier oft, um über ihr Projekt zu sprechen. Ihre Windows-Phone-App nennt sich "My School Teachers App" für Lehrer und "My School" für Schüler. Das Ziel: eine Schule ohne Papier, in der der Unterricht digitaler, interessanter und praktischer wird. Beim Studentenwettbewerb "Microsoft's Imagine Cup" treten die vier im April in Berlin zum deutschlandweiten Finale an. Danach hoffen sie auf das internationale Finale in St. Petersburg.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Malte, Nik, Rafael und Mark (von links oben im Uhrzeigersinn) im Skype-Interview.

jetzt.de: Seit wann programmiert ihr und wie ist es dazu gekommen?
Rafael: Meinen ersten Computer hatte ich mit zwölf. Wie ich zum Programmieren gekommen bin, weiß ich gar nicht mehr. Jedenfalls habe ich es irgendwann getan.
Malte: Ich habe mit zwölf langsam mit dem Programmieren begonnen. Zuerst mit der Programmiersprache Visual Basic, danach bin ich zu Windows Phone Apps mit der Sprache C-Sharp übergegangen.
Niklas: Ich hatte den ersten Computer mit sechs. Mit elf Jahren sollte ich für meinen Onkel knapp 1000 Bilddateien umbenennen. Ich habe gegoogelt, ob es dafür nicht ein Programm gibt. Gab es nicht. Darum habe ich mir Videos bei Youtube angesehen und mein eigenes Programm entwickelt. Anschließend habe ich noch einen Kurs bei der VHS in Krefeld besucht.

Wie habt ihr euch kennengelernt?
Mark: Malte, Rafael und ich kennen uns vom "ImagineCup" im vergangenen Jahr. Niklas ist über Rafael in die Gruppe gekommen.

Eure Idee ist, die Schule papierlos zu gestalten. Wie erlebt ihr den Papierverbrauch in euren Schulen?
Malte: Das sind die Blätter, die sich innerhalb eines Monats angesammelt haben, schätzungsweise 150 (hält den Stapel in die Kamera).
Nik: Ich habe für das Papier aus der Schule eine extra Kiste. Ist ja schade, es einfach wegzuschmeißen. Man könnte auch damit Feuer machen, wenn einem das Holz ausgeht.

Wie genau sieht das Projekt aus?
Mark: Die Schüler bekommen übermäßig viele Hausaufgaben auf Blättern. Das ist keine zeitgemäße Form von Organisationsmanagement. Wir haben uns überlegt, wie man das ändern kann. Die Idee unserer App ist, dass wir den Schulbetrieb digital abbilden wollen. In einer idealen Schule ist es dann so, dass der Lehrer und die Schüler die App auf ihren Computern haben. Der Lehrer hat vorher die entsprechenden Arbeitsblätter für die Schüler hochgeladen, sodass sie während des Unterrichtes die Blätter angucken und direkt bearbeiten können. Das ist eine der Hauptfunktionen. Außerdem wird darauf der Stundenplan automatisch geführt und bei einem Unterrichtsausfall bekommt man eine Nachricht. Die Bildschirme der Schüler können auch an die Wand projiziert werden, sodass ein Overhead-Projektor nicht mehr nötig ist. Im Prinzip wollen wir eine Plattform bauen, auf der der gesamte Unterrichtsalltag abgebildet wird.

Wie sieht es aus mit Klausuren? Sollten die zukünftig auch digital geschrieben werden?
Rafael: Es kann durchaus Schwachstellen wie das Klausursystem geben, aber auch dafür wird sich eine Lösung finden lassen. Der Traum einer papierlosen Schule ist mit den aktuellen technischen Mitteln erreichbar und längst überfällig.

Wie lange brauche ich, um mich in das System hineinzufinden und es bedienen zu können? Rafael: Das ist das besonders Wichtige an unserem System: Man kann es leicht bedienen und muss vorher keine Schulung besuchen.

Auf welchem Stand ist die App momentan?
Mark: Für "Jugend Forscht" im vergangenen Jahr hatten wir einen Prototypen, also eine Demonstrations-App, die mit Offline-Daten arbeitete, um den kompletten Teil des Funktionsumfangs zu zeigen. Beim "ImagineCup" im April zeigen wir einen lauffähigen Prototypen, der auch eine Webanbindung hat, sodass man zeigen kann, wie das Ganze wirklich funktioniert.

Kostet die App etwas?
Malte: Wie es im Moment aussieht, wird die App schon etwas kosten. Wir wissen aber nicht, wie viel.

Ein Kritikpunkt wäre ja, dass das Leben durch eure Idee noch mehr digitalisiert wird: Ich sitze noch mehr vor dem Computer und noch mehr vor dem Handy.
Nik: Das Leben ist multimedial und es hat sich verändert. Wird finden es wichtig, dass Schüler möglichst früh den Umgang mit Hardware und Software lernen, damit sie nachher auf das Berufsleben und den Alltag noch besser vorbereitet sind.
Mark: Das Argument "Alles neue Technische ist furchtbar" muss man auch mal von einem geschichtlichen Aspekt sehen. Als der Buchdruck kam, hieß es ja auch schon, dass keiner mehr nachdenken muss und als die Comics kamen, dachten viele, dass unsere Kinder nicht mehr richtig lesen können würden. So sehen wir das aber nicht.
Nik: Wenn man nur so denken würde, würde man sich nicht mehr weiterentwickeln. Fortschritt erfordert, dass man alte Sachen aufgibt.

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