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"Wir sind keine Machos"

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Daniel und Joakim kommen aus der südschwedischen Kleinstadt Värnamo und haben dort lange Metal gemacht. Heute nennen sich die beiden Friska Viljor und haben gerade ihr fünftes Album veröffentlicht, das nichts mit Metal zu tun hat und in Deutschland auf Platz 73 der Albumcharts eingestiegen ist. Wir haben mit Daniel über das Vatersein, Whitney Houston und kommerzielle Tanzmusik gesprochen.

jetzt.de: Daniel, euer neues Album trägt den Titel „Remember Our Name“. Hattet ihr in den letzten Jahren etwa das Problem, dass sich Leute euren Namen nicht merken konnten?  Daniel: Nein, der Titel ist eigentlich eine Hommage an unsere Kinder. Der letzte Song auf dem Album, den ich geschrieben habe, heißt „Remember My Name“. In dem Lied geht es darum, wie sich deine Sicht auf Leben und Tod verändert, wenn du Vater wirst. Ich habe viel über die Angst nachgedacht, meinen Kindern zu früh wegzusterben – also habe ich diesen Song geschrieben. Und dann haben Joakim und ich uns mit derartigen Fragen auseinandergesetzt. Am Ende haben wir entschieden, das Album unseren kleinen Kindern zu widmen und es deshalb so zu nennen.

Du sprichst es schon an: Im letzten Jahr bist du zum zweiten Mal Vater geworden, Joakim zum ersten Mal. Wie hat das die Entstehung von „Remember Our Name“ beeinflusst?

Joakim hat die meisten Texte geschrieben. Einige dieser Texte hat er vor ganz schön langer Zeit geschrieben, um 2007 herum. Ein paar Songs hat er vor kurzem gemacht, aber in denen schaut er immer noch zurück. Meine Songs blicken eher in die Zukunft. Und ich glaube, das ist davon beeinflusst worden, dass ich wieder Vater geworden bin: Man wird ein bisschen nachdenklicher und ängstlicher, was die Zukunft angeht. Die Albumaufnahmen wurden von unseren Kindern auch dahingehend beeinflusst, dass es ein riesiges logistisches Projekt war, überhaupt in der Lage zu sein, ins Studio zu gehen. Joakim und ich haben beide noch Jobs neben der Band. Und dann läuft das so: Wenn du nach Hause kommst, sind da deine Kinder, und du hast das Problem, dass du nachts nicht genug Schlaf bekommst. Also, einfach die Energie aufzubringen, um ins Studio zu gehen, das war tatsächlich eine sehr große Herausforderung bei diesem Album.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
Haben leider wenig Zeit fürs Studio: Daniel Johansson und Joakim Sveningsson. 

Wie reagiert dein einjähriger Sohn Lasse auf die Musik von Friska Viljor?

Ihm gefällt’s! Ich freue mich so, das sagen zu können. Aber er mag allerlei Musik. Lasse hat diese „House-Hand“: Die rechte Hand hält er in die Luft und winkt damit, immer rauf und runter, wenn Musik läuft.

Du hast die Musik auf eurem Debütalbum „Bravo!“ einmal als „Kindermusik mit erwachsenen Texten“ bezeichnet.

Genau. Damals waren wir sozusagen unserer Zeit voraus: Wir haben Musik geschrieben, die später einmal unseren Kindern gefallen würde.

Trifft diese Beschreibung denn auch auf euer fünftes Album zu?

Ich denke, dass sie nicht so gut passt wie damals, weil die Kompositionen und Arrangements auf „Bravo!“ etwas simpler waren, was die Zuhörer direkter angesprochen hat. Gleichzeitig hat sich unser melodisches Verständnis aber nicht verändert. Und wenn die Melodien Kindern zu „Bravo!“-Zeiten gut gefallen haben, dann werden sie das jetzt hoffentlich wieder tun. 

Als ich Freunden davon erzählt habe, dass ich dich interviewen würde, habe ich öfter den Begriff „Mädchenmusik“ gehört. Was würdest du jemandem sagen, der Friska Viljors Musik so beschreibt?

Das ist großartig: Wenn die Mädchen zu unseren Konzerten kommen, werden das auch die Jungs tun. Aber dieses Mädchen-Ding ist nichts, worüber wir uns wirklich viele Gedanken gemacht haben. Wir sind keine Machos. Ich glaube, bei unseren Konzerten ist es eigentlich so 50/50. Und ich mag das. Es ist schön, ein gemischtes Publikum zu haben. Leider führen wir keine Statistiken über die Daheim-Hörer. Wir haben übrigens beide früher in Metal-Bands gespielt. Das macht man so hier oben in Schweden: Die Leute lernen das Musikmachen mithilfe von Metal. Und Metal ist ja oft eher „Jungsmusik“. 

Joakim und du, ihr kennt euch seit fast 30 Jahren. Wie wichtig ist eine langjährige Freundschaft für das gemeinsame Musikmachen?

Ich bin mir da nicht ganz sicher, weil ich nie intensiv mit jemandem Musik gemacht habe, zu dem ich keine so starke Beziehung hatte. Bei uns ist es so: Dadurch, dass wir uns sehr gut kennen, gehen wir auch sehr ehrlich miteinander um. Das ist wichtig im Studio, wenn es darum geht, zu sagen, ob etwas gefällt oder nicht. Weil wir einen sehr ähnlichen musikalischen Hintergrund haben, tendieren wir außerdem dazu, den gleichen Kram zu mögen. Das macht die Dinge wesentlich einfacher. Wir müssen uns dadurch nicht so oft über Geschmacksfragen streiten.

 

Eure erste gemeinsame Lieblingsplatte war das Debütalbum von Whitney Houston, das 1985 herausgekommen ist. Wie viel Whitney Houston steckt inFriska Viljor?

Ich glaube, es ist so, dass man mit der Zeit einen Rucksack voller Melodien und Harmonien anhäuft und mit sich herumträgt. Das fängt an im Alter von vier, fünf Jahren und zieht sich bis in die Gegenwart. Also denke ich, dass "Houston" – genauso wie all die anderen Lieblingsplatten aus unserer Kindheit bis heute – sehr viel Einfluss auf unsere Musik ausgeübt hat. Wir hören ihre Platte hie und da noch, wenn wir als DJs auflegen. Dann zwingen wir dem Publikum beim letzten Tanz die Balladen auf.

 

Was ist die aktuelle Lieblingsplatte, die im Friska Viljor-Tourbus läuft?

Oh, das ist wirklich schwierig. Joakim und ich haben letzte Woche ein Interview in Österreich gegeben und dabei festgestellt, dass wir im Moment sehr schlecht darin sind, neue Musik zu hören. Ich habe im letzten Jahr viel kommerzielle Tanzmusik gehört, weil ich so fasziniert davon war, wie diese Musikrichtung einfach die ganze Jugendkultur für sich eingenommen hat.

 

David Guetta, zum Beispiel?

Ja, ja. Oder Swedish House Mafia. Diese Art von Musik. Als ich angefangen habe, mir das anzuhören, habe ich nichts davon verstanden. Ich habe mich dann gezwungen, das zu hören, um zu sehen, welche Erkenntnisse ich dabei habe. Mir ist aufgefallen: Die haben immer sehr eingängige und gute Hooklines. Technisch betrachtet tricksen die die Anlagen der Clubs aus, um den größtmöglichen "Bang" auf der Tanzfläche zu erzielen. Das ist echt interessant. Wenn man sich diese Musik anhört und versteht, was die Leute zum Tanzen bringt, wenn man das dann noch in Popmusik umwandeln kann, dann ist man schon ganz schön weit gekommen.

 

Das fünfte Album von Friska Viljor, "Remember Our Name", ist am 18. Januar 2013 auf Crying Bob erschienen.

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