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Igitt igitt!

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Für meinen Studienfreund Philipp hat gerade die ekelhafteste Zeit des Jahres begonnen: Er muss U-Bahn fahren. Weil es inzwischen zu glatt ist, um die täglichen Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen, kein Auto zur Verfügung steht und die Distanzen zu groß für einen Fußmarsch sind, steigt Philipp wieder notgedrungen auf die öffentlichen Verkehrsmittel um. Das bedeutet: zu viele Menschen, die ihm in den Stoßzeiten morgens und spätnachmittags bis in die eigene Intimzone nahe kommen und nicht allzu selten auch noch Mundgeruch haben oder ein bisschen nach Schweiß riechen. Das mag wohl niemand wirklich gern, Philipp aber hält es für sehr, sehr eklig. Noch unangenehmer an seinen unvermeidlichen Fahrten mit der U-Bahn findet er bloß, dass er ab und zu auch die Haltestangen und Türgriffe anfassen muss. Und die sind, davon ist Philipp überzeugt, die allerschlimmsten Keimschleudern in dieser Galaxie, mindestens. Wer die alles schon angefasst hat im Laufe des Tages! Und wo diese Menschen mit den Händen davor wohl zugange waren! Auch der Einwand, dass er die Haltestangen in der U-Bahn ja gar nicht direkt, sondern nur mit seinen Handschuhen berühren muss, verfängt bei ihm nicht: Wenn er die Handschuhe auszieht, sagt Philipp, berührt er ja wahrscheinlich aus Versehen auch den Teil des Handschuhs, der die Keimschleudern berührt hat.         

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Keimschleuder U-Bahn

Auch wenn man sich auf dem unfreiwillig engen Raum in der Bahn bestimmt schon den ein oder anderen Infekt vom Sitznachbarn eingehandelt hat, ist der extreme Ekel, den Philipp in dieser Situation empfindet, wohl ein wenig übertrieben. Ich kann ihm das allerdings schlecht sagen, schließlich habe ich auch meinen ganz persönlichen extremen Ekel, der womöglich noch ein wenig wunderlicher ist: Vor manchen Sorten Wurst und Aufschnitt ekele ich mich so sehr, dass ich es nicht ertrage, wenn sie sich auf einem Frühstückstisch in der Nähe meines Tellers befinden - und solange sie nicht weichen, bekomme ich keinen Bissen herunter. Aus meinem Bekanntenkreis könnte ich endlos solche Beispiele übertriebenen Ekels aufzählen: Eine Freundin geht nie ins Theater, ohne sich vorher abgesichert zu haben, dass auf der Bühne keine Exkremente, Urin oder Sperma involviert sind. Eine andere Freundin wiederum würde sich niemals auch nur ein einziges Mal mit der Haarbürste einer anderen Person durch ihre blonden Wellen streifen, sogar wenn es etwa das frisch gesäuberte Exemplar ihrer Schwester wäre.    

Gibt es etwas, dass du ganz besonders widerlich findest? Oder bist du von der Fraktion "Dreck reinigt den Magen" und denkst, dass wir alle übertrieben zimperliche Zivilisationsgeschädigte sind?

Text: veronique-schneider - Foto: pinoxito/photocase.com

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