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„Ich wusste sehr lange nicht, wohin mit meiner Kraft“

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Jasmin Gerats berufliche Erfüllung führte vom Modeln über Moderation zur Schauspielerei. Von Fernsehserien über Fernsehfilme hat sie sich mittlerweile eine beachtliche Kinokarriere erarbeitet, die sie auch im zweiten Teil der Til-Schweiger-Komödie „Kokowääh“ wieder auf die Leinwand bringt (ab 7. Februar im Kino). Ein Gespräch über das Mutterdasein, ihre wilde Teenager-Zeit und Küssen mit Wotan Wilke Möhring.
 
jetzt.de: Der Regisseur Marc Rothemund hat mal über dich gesagt, er hätte nach einer Frau gesucht, die „gut aussieht, selbstbewusst ist sowie Charme und eine warme Ausstrahlung hat, in die sich jeder sofort verliebt.“ Was geht in dir vor, wenn du so etwas über dich liest?
Jasmin Gerat: Das ist ein schönes Kompliment, aber ich tue mich schwer damit, es anzunehmen. 

Welches war das schönste Kompliment, das du je bekommen hast?
Mich berühren Komplimente von Frauen. Das hat für mich mehr Wert als ein Kompliment von einem Mann. 

Tatsächlich?
Um einem Mann zu gefallen, braucht es nicht viel. 

Welche Charaktereigenschaften gefallen dir an Männern besonders?
Ein Mann darf sich selber nicht so ernst nehmen. 

Du hast in letzter Zeit mit Männern wie Wotan Wilke Möhring und Til Schweiger gedreht. Beide sogenannte Frauentypen, obwohl beide nicht gerade dem klassischen Schönheitsideal entsprechen.
Nehmen wir nur mal Wotan: Sein Humor und sein großes Herz machen ihn sexy. Der könnte einem auch sofort die Waschmaschine oder das Auto reparieren. Und er macht den Eindruck, als küsse er dazu noch wahnsinnig gut. 

Hast du das getestet?
Nein. Ich habe mit Wotan bereits vier Filme gemacht, und wir sind uns von Anfang an auf einer reinen Kumpelebene begegnet.  

Passiert es denn manchmal, dass zwischen einem Kollegen und dir ein Knistern in der Luft liegt?
Auf eine bestimmte Art knistert es immer zwischen zwei Spielpartnern. Das muss aber nicht zwangsläufig eine erotische Komponente haben. 

Du bist seit mehr als fünf Jahren Mutter, 2007 kam deine Tochter Sunny Deva zur Welt. Hat sich dein Leben sehr verändert?
Natürlich. Wo sich vorher alles nur um mich und meine Bedürfnisse gedreht hat, gibt es jetzt einen Menschen, um den ich mich kümmern muss, der mich braucht. Dadurch haben sich meine Prioritäten verändert, und für dieses Glück gibt es keine Worte.
 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Jasmin Gerat

So schön es ist, ein Kind zu haben, so anstrengend ist es aber manchmal auch, oder?
Und wie! Heute morgen zum Beispiel hatte Sunny einen Heulkrampf nach dem nächsten und meinte selbst: „Mama, ich weiß gar nicht, was los ist.“ Dann haben wir mit unseren dicken Jacken im Flur gesessen und uns einfach festgehalten. Schweißgebadet, fix und fertig, aber glücklich.
 
Das klingt trotzdem schön.
Ich finde Erziehung deshalb so anstrengend, weil die Verantwortung so groß ist, so ein Kind als guten, zufriedenen Menschen in diese Welt zu entlassen. Das ist ein Druck, den ich mir mache. Es ist ungeheuerlich, wie mich das tagtäglich begleitet und beschäftigt. Wie so oft will ich alles richtig machen und bin meist zu streng mit mir. Dennoch fühle ich mich unfassbar reich, seit meine Tochter da ist.
 
Kommen wir noch mal auf die Männer zurück: Gibt es einen bestimmten Typ Mann, für den du ein besonderes Faible hast?
Früher fand ich die Typen gut, die am lautesten auf der Box getanzt haben. Heute sind es eher diejenigen, die souverän daneben stehen.
 
Kannst du dich noch an den Moment erinnern, als sich das verändert hat?
Das hat wohl mit dem Erwachsenwerden zu tun. Ich habe mich intensiv ausgetobt und liebe meine neue Spießigkeit. Ich bin viel unterwegs zu Dreharbeiten und freue mich einfach, nach Hause zu kommen und es dort ganz friedlich zu haben.

Und das war früher anders?
Ich habe früher schon ganz gerne mal Dramen inszeniert, wo keine waren. Ich habe mich aufgerieben wie eine Katze am Kratzbaum, wollte an den Kern der Dinge. Darüber habe ich mich am meisten gespürt und dachte, das sei das Leben. Jetzt ist es schon längere Zeit friedlich in meinem Leben, und das tut mir unfassbar gut. Hinzu kommt: Seit ich Mutter bin, brauche ich mehr Kraft für meine Tochter, die mir dann zum Streiten fehlt (lacht)..
 
Es gibt Menschen, die der Meinung sind, für eine gute Beziehung sei es wichtig, auch ab und an zu streiten.
Ich finde Streiten gesund. Aber gutes Streiten will gelernt sein. Es gibt Länder, die eine große Streitkultur haben. Von denen können wir Deutschen noch lernen.
 
Streitest du heute anders als früher?
Wenn ich mich heute streite, hat es damit zu tun, dass ich etwas begreifen will, um daran zu wachsen.
 
Häufig sind es gar nicht die perfekten Typen, für die sich Frauen letztlich entscheiden. Wie viel Perfektionismus verträgt ein Mann aus Frauensicht?
Man sollte immer von sich selber ausgehen, und perfekt ist niemand. Anders ausgedrückt: Bei einem perfekten Mann würden mir schnell die Füße einschlafen, denn Vorhersehbarkeit langweilt mich. Dennoch brauche ich in meinem Leben mittlerweile jemanden, der keine Angst vor Verbindlichkeit hat. Jemanden mit Ecken und Kanten, der noch selbst auf der Suche ist nach den vielen richtigen Antworten des Lebens.
 
Bist du zur Zeit liiert?
Sagen wir einfach: Ich bin sehr glücklich gerade.
 
Noch einmal zum Muttersein: Du hast mal gesagt, du seiest keine Glucke und gäbest dein Kind gerne aus der Hand. War das immer schon so?
Eigentlich schon. Meine Eltern haben mich genauso erzogen und immer gesagt: „Geh raus. Du schaffst das. Wenn du uns brauchst: Wir sind da.“ Das hat mich selbständig, offen und stark gemacht. Und dafür bin ich sehr dankbar.
 
Hat es dir nie Probleme bereitet „loszulassen“?
Natürlich habe ich auch mal Schiss. Das hört wohl auch nie auf. Nur darf ich meine Ängste und Befindlichkeiten nicht mit denen meiner Tochter verwechseln.
 
Als Kind hast du im Kosmetikladen deiner Tante mal mit einer Schere das Telefonkabel durchgeschnitten. Was für Streiche hat dir deine Tochter bisher schon gespielt?
Ihre Streiche sind noch ganz kindlich. Sie will dann auch ertappt werden, damit wir uns beide darüber schlapp lachen können. Neulich hat sie mir eine Kastanie in den Schuh gelegt – und mir damit den Tag versüßt. Ich hoffe aber sehr, dass sie später nur halb so schlimm wird wie ich.
 
Warst du so schlimm?
Ich muss zeitweise ein Albtraum für meine Eltern gewesen sein. Ich bin oft nachts von zu Hause abgehauen, um in Techno-Clubs zu tanzen, habe teure Autos zerkratzt und viel blödes Zeug gemacht, auf das ich rückblickend nicht sonderlich stolz bin. Ich wusste sehr lange nicht, wohin mit meiner Kraft. Schon damals ging es mir um das Ausloten von Grenzen.
 
Bist du heute eine strenge Mutter?
Eher konsequent. Meine Erfahrung ist, dass ein gewisses Regelwerk gut für unser Zusammenleben ist. Ich sehe, dass ihr das Sicherheit und Verlässlichkeit vermittelt.
 
Wie stellst du dir das Mutter-Tochter-Verhältnis zu Sunny vor, wenn sie älter wird?
Ich wünsche mir, dass sie mir so sehr vertraut, dass sie weiß, dass sie immer zu mir kommen kann – ganz gleich, was es ist. Das war bei mir und meinen Eltern damals nicht so, sondern hat sich erst in den letzten Jahren so entwickelt. Mittlerweile erzähle ich meiner Mutter aber wirklich alles – auch meine unschönen Erfahrungen. Denn wenn einer von uns mal stirbt, möchte ich, dass wir uns wirklich begegnet sind; dass sie weiß, wer ich war. Sonst macht das für mich keinen Sinn.

Text: daniel-schieferdecker - Foto: Warner

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