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Glücksverbot

Text: 3rdtry

"Ich habe jetzt eine Freundin", sagt er. Er sagt es so als schäme er sich dafür. Sein Blick weicht meinem aus. Meine Frage, was es denn Neues bei ihm gäbe, sollte die unangenehme Stille beenden. Doch jetzt war das alles hier noch unangenehmer.
"Wie schön, das freut mich für Dich! Seit wann denn? Ist sie von hier?" Die Worte kommen wie automatisch, ich denke sie nicht, ich spreche sie nur. Weil es mich nicht im Geringsten interessiert.
Weil er das weiß, antwortet er nicht. Stattdessen wandert sein schamerfüllter Blick weiter unsicher an mir vorbei, verirrt sich irgendwo zwischen den Menschen um uns herum und ich merke er findet nicht wieder zu uns zurück. 
Ich weiß nicht, woher mein Mut plötzlich kommt, aber ich höre mich sagen: "Ich kenne das. Ich schäme mich auch. Jeden Tag, an dem es mir gut geht."
Ich bin gleichzeitig erschrocken über meine Worte und gespannt auf seine Reaktion. Die Sekunden bis zu seiner Antwort erscheinen mir unwirklich lang und ich werde rot.


Das letzte Mal haben wir uns vor zwei Jahren gesehen. Er trug den Sarg und ich ein Gedicht von Rilke vor. Zuvor hatten wir gemeinsam Lieder ausgewählt. Wir hatten gemeinsam Blumen bestellt und eine Anzeige aufgegeben. Wir hatten gemeinsam Famile und Freunde angerufen. 
Dann sind wir gemeinsam zum Friedhof gefahren. Und dort -am Grab- trennten wir uns. Gemeinsam glücklich sein- das hätten wir ohnehin nicht mehr geschafft.

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