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Eine Liebesgeschichte?

Text: liphila

Eigentlich hast du mir gar nicht gefallen. Oder besser, du bist mir einfach nicht aufgefallen. Für mich warst du immer nur
„Der Anzügliche“, weil von dir doch so viel mehr kam als von mir. Wir haben uns zwei Wochen jeden Tag gesehen. Wenn ich nicht zum arbeiten kommen konnte fragtest du mich wie du das nur aushalten solltest, so ohne mich. Und als ich dann deinen Namen doch irgendwann erfragt habe, dachte ich mir nur, das kann ja nur besser werden.



Als das erste Mal mehr aus unserem Geflirte wurde waren wir beide betrunken. Es war schön. Es hat sich gut angefühlt, aber es ging wieder von dir aus. Meine Handynummer wollte ich dir nicht geben, ich wollte auch nichts mit dir machen, ich wollte mich schützen vor dem was eventuell kommen könnte. Aber dann hat sich das mit uns so eingespielt, es wurde normal dass wir uns heimlich geküsst haben. Zwischen den Weinbergen. Im Kühlhaus. Oder sonstwo.
Jeder wusste es und doch wusste es niemand sicher.



Nachdem die gemeinsame Zeit beim arbeiten vorbei war merkte ich erst, dass ich eventuell doch Gefallen an dir gefunden hatte. Ich merkte, dass ich nicht wollte, dass das ganze schon vorüber war. Dass ich die Zeit irgendwie vermisste. Ich denke ab diesem Zeitpunkt habe ich dir doch auch etwas von mir gegeben und dich nicht nur hängen lassen. Auch das hat sich eingespielt mit uns beiden. Es wurde normal, dass ich oft bei dir war, dass wir zusammen Dinge erlebt haben, dass wir uns kennen gelernt haben. Ich habe mit dir die verrücktesten und schönsten Dinge erlebt im letzten halben Jahr. Egal ob die Schokoeistour durch unsere Stadt, weil wir uns nicht einigen konnten in welche Eisdiele wir gehen oder das nächtliche Baden im Brunnen um die rosa Blumen für mich aus der Mitte zu pflücken. Das waren Situationen, die ich vermutlich nie in meinem ganzen Leben vergessen werde. Ich habe jede Minute davon genossen. Ich hatte jede Menge Spaß, wie ich ihn sonst noch nie hatte.
Ich war ich selber.



Und doch habe ich immer wieder Rückzieher gemacht. Wollte oft nicht mit zu deinen Freunden, mir kam das irgendwie alles zu fest, zu viel, zu schnell vor.



Du hast mir so viel gegeben und ich habe es nicht schätzen können, weil ich es einfach nicht gesehen habe. Du hast dir Zeit für mich genommen, du wolltest mich Freunden vorstellen, du warst der Erste der um 12 an meinem Geburtstag angerufen hat. Im Nachhinein frage ich mich oft, ob ich nicht selber Schuld daran bin wie alles gelaufen ist.



Für mich hat sich von einen auf den anderen Tag alles geändert. Auf einmal warst du seltsam. Zurückhaltend. Hast dich nicht mehr gemeldet. Warum? Ich weiß es bis heute nicht.
Auf meine Frage was los sei kam nur ein Achselzucken. Das wars? Wieso? Wir hatten nie Verpflichtungen uns gegenüber, wir hatten unser eigenes Leben und auch doch noch den anderen, der irgendwie immer da war aber einfach nicht Selbstverständlich. Für mich lief alles perfekt. Ich wollte nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nur du wolltest weniger. Damit musste ich mich abfinden.



Und dann wolltest du doch wieder mehr. Oder lag es am Alkhol an diesem Abend? Ich wusste du würdest kommen und war den ganzen Tag aufgeregt. Und dann warst du da und ich habe mich so gefreut.
Du warst da und ab dieser Minute war ich es für sonst niemanden mehr. Nur für dich. Es war so wie früher.



Aber gleich am nächsten Tag kam wieder der Schlag ins Gesicht. Das Beenden von etwas, das nicht beendet gehört weil es sich gut anfühlt. Wieso hab ich nur wieder mitgemacht? Wo ist mein Selbstschutz hin den ich so mühevoll immer wieder um mich aufgebaut habe und den du genauso immer wieder durchbrochen hast?



Auch damit konnte ich mich irgendwie, irgendwann wieder abfinden. Aber warum meldest du dich bei mir? Wieso sagst du einerseits du hast kein Interesse und zeigst es dennoch? Fragst wie es in meinem Leben läuft. Fragst wie es mir mit meiner Familie geht. Sagst wie schön es wäre mich wieder zu sehen. Das Schwierige für mich ist, dass ich dich einfach nicht verstehe, dass sich für mich alles so widersprüchlich anhört.



Gestern hast du es das erste Mal wirklich geschafft mir weh zu tun. Gestern hat kein Selbstschutz, keine kalte Schulter geholfen, die ich dir gezeigt hatte. Ich wusste ich konnte dich nicht wieder sehen, mich freuen, nur Augen für dich haben und alles wieder genauso machen wie das letzte Mal. Ich war kalt. Ich wollte nicht. Ich hatte Angst. Ich wusste wie verletzlich du mich gemacht hattest.



Und dann warst da du. Mit dieser anderen Frau.

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