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Herbstmusik von Schwarzweissbunt

Text: b_last_o

Seitdem ich bei den tollen Mixtapetäuschen bei jetzt.de teilnehme, nehme ich mir jedesmal vor, das Mixtape blind anzuhören ohne Blick auf die Tracklist. Doch auch diesmal haben Neugierde und Ungeduld gesiegt.



Kein Wunder beim Anblick des mir geschickten Objektes. Ein Mixtape unterscheidet sich vom Menschen eben dadurch, dass es nicht nur auf die inneren Werte ankommt. Das Auge hört sozusagen mit.



Um meine Gefühlsregungen im Zusammenhang mit dem Erhalt des hier beschriebenen Mixtapes auszudrücken, möchte ich diese in vier Phasen einteilen.



Erste Phase: Staunen. Drei mal. Zunächst beim Anblick der Versandtasche. Dann nach dem Öffnen die herausfallenden gedichtbeschrifteten Blätter. Krönender Abschluss, die Gestaltung der Außenhülle. Zur Verdeutlichung hier erst mal ein paar Bilder.














Zweite Phase: Lachen. Klappt man nämlich die Hülle auf wie man es gewohnt ist, so entfaltet sich ein origamisches Gebilde und gibt die CD frei. Aber warum muss ich darüber lachen? Am besten beantworten kann dies der Empfänger meines Mixtapes.






Dritte Phase: Schrecken. Wenn der Player das Wort „Lesefehler“ anzeigt, dann ist das allemal zum Erschrecken. Bis mein Gehirn den Begriff „Daten-CD mit mp3en“gebildet hat, dauerte es eben ein wenig. Nach Behebung einer Inkompatibilität eines „kleinen a mit bolle darüber“ und meinem Abspielgerät, konnte ich endlich der Musik lauschen.



Vierte Phase: Freude. Beim Hören. Und beim Lesen der Tracklist. Lest selbst.






Dass ich elf der Bands und Interpreten bereits live gesehen habe, sagt viel über die Kompatibilität des Musikgeschmacks von Sender und Empfänger. Dass ich aber auch viel Neues entdecken konnte, freut mich umso mehr. Deshalb will ich auch möglichst wenig Wörter über die mir bekannten Lieder verlieren – diese gelten somit automatisch als Hörempfehlung für den Leser.



Eingerahmt wird dieser Herbst von Pianoklängen. In den ersten 30 Sekunden schnappt sich die einfache aber dringliche kleine Klaviermelodie bereits meine Aufmerksamkeit und ich bin mitten drin im Mixtape. Im zweiten Lied darf Agnes Obel dann auch singen und das auch gleich voller Sehnsucht.



Mit Sigur Rós steigert sich die anfängliche Stille und Melancholie immer weiter und steuert auf einen ersten schweren Herbststurm zu. Aber eben nur bis kurz vor den Ausbruch. Das Lied weckt in mir Assoziationen vom Aufziehen eben diesen Herbststurms. Auch wenn das Lied selbst etwa in der Mitte einen Ausbruch erlebt, in meinem Kopf steht das Schlimmste noch bevor.



Doch es kommt zum Glück nicht. Was kommt, ist Mohna und damit die erste von vier weiblichen Stimmen auf diesem Mixtape, die alle ein wenig Björk sind. Zerbrechlich, etwas schräg, gerne auch kratzig aber voller Gefühl. Zwei Lieder weiter dann mit Hanne Hukkelberg, was für ein Name, die nächste Neuentdeckung dieser Vier. Wobei bei ihr auch noch ein Schuss Feist hinzu kommt – aber trotz aller Vergleiche ist sie eigenständig genug um mir zu gefallen. Ich springe weiter in diesem Quartett und zu den Titeln 15 und 24. Zunächst mit Fever Ray die Portion Mystik, welche jedem Herbst innewohnt oder innewohnen sollte. Zu guter Letzt folgt dann noch die Referenz- Björk. Die der Welt enthoben gut ins letzte Stück überleitet. Aber nun wieder zurück ins erste Drittel des Mixtapes.



Oren Lavie – als ich den Namen las, dachte ich zuerst „was hat der Sänger von Maroon 5 auf meinem Mixtape zu suchen!“. Aber zum Glück nur eine Täuschung. Der Hörer sollte sich nicht von der zunächst eher schwachbrüstigen Stimme und dem Leierkasten- Shuffle irritieren lassen. Zumindes bei mir blieb der Song schon nach ein paar Hördurchgängen im Ohr.



Nun zu einer Frage, die ich mir beim ersten Lesen der Tracklist gestellt habe. Was hat Mykonos von den Fleet Foxes mit Herbst zu tun? Für mich ist dieser Song schon immer mit dem Sommer verbunden. Aber nachdem wohl better_dressed auch eher herbstliches damit verbindet (siehe Rezension von cigana) und ich mir mittlerweile den Liedtext mal genauer angesehen habe, halte ich es wie Tocotronic und muss meine eigene Meinung revidiern.



Nach den wunderbaren Sea+Air folgt mit Fredrik ein mir bisher unbekanner Interpret. In zwei nahtlos ineinander übergehenden Liedern verbindet er folkig stampfende, rasselnde und mit Spaghettiwestern-Vibe angereicherte instrumentale Passagen mit angenehm unaufgeregtem Gesang. Werde ich mir auf jeden Fall vormerken für den nächsten Kaufrausch.



Im Anschluss folgt auf Efterklang geradezu ein Ausflug in Mainstream- Gefilde. Wenn selbst ein Radio-Totalverweigerer wie der Rezensent den Song aus dem Formatradio kennt, dann muss der Fuchs wohl schon ziemlich herumgegangen sein. Nichtsdestotrotz verbindet der Song von Niki & The Dove Elemente, mit dem man auch mich hinter dem Ofen hervorlocken kann.



Mit Ritual Union von Little Dragon geht es dann elektrifiziert und energiegeladen weiter. Fever Ray habe ich ja oben bereits gewürdigt, weshalb ich mich nun gleich Band Ane, der Beinahe-Verhindererin des Hörgenusses zuwenden möchte. Mein Abspielgerät hatte leichte Probleme mit ihrem Liedtitel, der frei ins Deutsche übersetzt von einer Ballerina mit schiefen Zehen handeln könnte. Der elektronische, rein instrumentale Song schafft es, trotz mehrmaliger Brüche im Liedfluss, zu überzeugen.



Im Anschluss schafft schwarzweissbunt Sieben auf einen Streich. Soll bedeuten, sieben meiner eigenen „Lieblinge“ und potentiellen Mixtape-Kandidaten hintereinander zu reihen. Lehren, die ich trotzdem daraus ziehen konnte, sind: Portugal.The Man sind die Besten. Jamie Lidell ist mehr als „Another Day“ und die Lieder der älteren Platten von Anna Ternheim berühren mich stärker als ihr aktuelles Album.



Einen Heartbeat später grätscht Björk in die bekannten Klänge nur um anschließend wieder gekonnt Platz für die erhabenen, mir wohlbekannten und geliebten Klänge von Nils Frahms „Unter“ zu machen. Ein passender Abschluss für dieses Herbst-Mixtape von schwarzweissbunt.



Mein Fazit nach bisher zehn kompletten Hördurchläufen und somit 17 Stunden Herbstmusik? Schwermütig, luftig, gleichzeitig aber auch sehnsüchtig und mit einem gesunden Schuss Melancholie. Genau was ich mir unter einem tollen Herbst vorstelle.

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