Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.

Das Lied des Lebens

Text: skywalker

Es gibt einen Stamm in Ost-Afrika, in dem die Kunst der wahren Intimität schon vor der Geburt gepflegt wird. In diesem Stamm wird das Geburtsdatum des Kindes nicht von der Geburt an gerechnet, auch nicht vom Tag der Empfängnis, wie in anderen Kulturen.
 
In diesem Stamm zählt das Geburtsdatum von dem Tag an, an dem der Gedanke an ein Kind zum ersten Mal in der Mutter erscheint. Wenn sie sich darüber bewusst ist, ein Kind mit einem bestimmten Mann zeugen zu wollen, geht sie allein in den Wald und setzt sich unter einen Baum. Dort sitzt sie nun und hört auf die Stille, bis sie das Lied des Kindes hören kann, welches sie hoffentlich bekommen wird. Sobald sie dies gehört hat, begibt sie sich zurück in das Dorf und lehrt ihrem Mann dieses Lied, damit sie es beim Liebemachen zusammen singen können. Dadurch laden sie das Kind ein, sich mit ihnen zu verbinden. Nachdem das Kind empfangen wurde, singt sie es ihm vor. Danach lehrt sie es den alten Frauen und Hebammen des Dorfes, damit das Kind während des Geburtsprozesses und während des wunderbaren Moments der Geburt mit diesem Lied begrüßt wird.

Nach der Geburt lernen auch alle anderen Dorfbewohner noch das Lied ihres neuen Mitglieds und singen es ihm vor, wenn es gefallen ist oder sich verletzt hat. Es wird auch gesungen zu Zeiten des Triumphes, in Ritualen oder bei Initiationen. Das Lied wird Teil der Hochzeitszeremonie, wenn das Kind aufgewachsen ist, und am Ende des Lebens, wenn sich seine oder ihre geliebten Verwandten und Freunde um das Totenbett versammeln, wird dieses Lied zum letzten Mal gesungen.

http://youtube.com/watch?v=7QgL6CyoQaI

Mehr lesen — Aktuelles aus der jetzt-Redaktion: