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Wie oft kriegst du eine Wohnungskrise?

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Zuhause sollte eigentlich nie etwas zu tun sein. Zuhause sollte immer nur ein warmer Zufluchtsort sein, an dem nichts unangenehm und unpassend scheint, wo keine Staub- und Kekskrümel über den Boden fliegen, wenn man die Türen aufschlägt. Wo die Sonne nie fettige Schlieren auf Fenster und Gläser zeichnet. Wo schöne Möbel immer richtig stehen, wo man sie nie an etwas satt gesehen hat. Wo keine unansehnliche Dauerzwischenlager auf Fluren und hinter Türen entstehen, über die man sich täglich ärgert, weil man den Kram längst fotografieren und verkaufen oder zumindest in den Keller bringen wollte.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Zuhause ist aber immer etwas zu tun, und selbst wenn geputzt und aufgeräumt ist, dann überfällt einen manchmal das dringende Gefühl, radikal zu erneuern: Alles muss umgestellt werden, der Schreibtisch endlich vors Fenster, das Bett auf die andere Seite, die Tür vielleicht einfach mal ganz raus - könnte ja bisschen loftig sein dann. Oder warum nicht gleich eine neue Küche, hat doch letztens jemand erzählt, einfach mal die Fronten auszutauschen sei gar nicht so ein Act, schwarzes MDF, ziemlich günstig noch dazu und sehe danach mitunter besser aus als von bulthaupt.

Ich kenne niemanden, der in einer vollendet schönen Wohnung lebt. Alle sind unzufrieden mit mindestens einer Ecke darin, wünschen sich dies oder jenes Möbel, warten auf den Moment, an dem sie endlich irgendwo auf das perfekte Sideboard stoßen, bis sie woanders auf ein Regal stoßen, das alle vorherigen Pläne wieder durcheinander wirbelt. Wahrscheinlich ist es egal, wie lange man irgendwo wohnt, es gibt nie diesen einen Punkt, an dem alles stimmt, wie eben mit so gut wie allem anderen im Leben auch. Immer wartet, hofft und wünscht man, kauft was, bekommt etwas geschenkt, gibt was weg, macht was kaputt, verzweifelt, beginnt von vorn. Mitunter verbringt man Stunden, Tage, Wochen damit, irgendwelche Heimwerkerprojekte zu verfolgen, die zum Schluss eine dumme Idee waren und innerhalb von Minuten wieder abgerissen werden. Für das Zuhause werkeln kriegt man kein Geld, man macht es für niemanden, außer für sich selbst. Es guckt meist auch keiner zu, außer der engsten Freunde vielleicht. Weil das zuhause „arbeiten“ so eine intime, stille und unbezahlte Angelegenheit ist, kriegt man manchmal nicht nur die Krise, vor allem aber kriegt man eigentlich auch nie mit, wie das bei den Anderen so läuft.

Deshalb: Wie viel Zeit steckst du in dein Zuhause? Wie oft räumst du auf, wie oft kriegst du die Krise, wie oft kaufst du neue Möbel, stellst du um, baust dir etwas - welchen Stellenwert hat dein Zuhause? Wie sah dein letztes „Ummöbelprojekt“ aus?

Text: mercedes-lauenstein - Foto: photocase/madochap

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