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Mädchen, hat die neue Männer-Hymne recht?

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Die Jungsfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



1984 hatte Herbert Grönemeyer seinen großen Durchbruch mit einer Single, die ihn in ganz Deutschland bekannt machte. Das Lied hieß Männer und erklärte der Welt in prägnanten Aussagesätzen die Spezies Mann.

Fast 30 Jahre später wurde jetzt wieder so ein Song geschrieben. Er heißt - wohl um noch einen draufzusetzen - Supermänner, und ist auf dem neuen Blumentopf-Album erschienen, der Song ist eine Zusammenarbeit mit den Sportfreunden Stiller. Da waren also Menschen am Werk, denen man durchaus zutrauet, uns Jungs im Jahr 2012 einigermaßen treffsicher einschätzen zu können. Trotzdem würde ich die Feststellungen des Songtextes gerne mit eurer Hilfe einer Überprüfung unterziehen. Sind wir Jungs so, wie das Lied uns darstellt? Und, liebe Mädchen, welche dieser Eigenschaften mögt ihr an uns, und welche nicht?

Gehen wirs also mal durch:
Laut Refrain sind wir Supermänner, vor Kraft strotzend und einfach nur krass. Stimmt natürlich genauso wenig wie die Behauptung, wir würden über die Stadt fliegen. Wo hingegen meiner Meinung nach was Wahres dran ist, ist die letzte Refrain-Zeile, die auf eine gewisse Orientierungslosigkeit bei Jungs anspielt: Wir können alles machen, wenn uns nur jemand sagt, was.

Dann die erste Strophe:
"Wir kommen ganz ohne Extras, nach neun Monaten Lieferzeit, haben ne Schraube locker, aber sind sofort betriebsbereit. Wir werden in Whiskey getaucht und von Schiris verwarnt. Wir kommen als kleine Jungs getarnt, liefern Power on Demand. Wir sind mit Kumpels verschweißt, werden in Schablonen gepresst, kommen ohne Garantie ab Werk mit Tränendrüsendefekt. Wir sind aus Kraftstoff gewebt, zwischen zwei Terminen gebaut, und unsere Frauen laden unsre leeren Batterien auf."

Würde ich eigentlich alles unterschreiben. Die lockere Schraube, der kleine Junge in uns, die paar engsten Kumpels, die jeder Junge hat, die kaputte Tränendrüse, die Freundin, bei der wir nicht immer den aus Kraftstoff gewebten Macker geben müssen - das ist gut getroffen. Oder?

Zweite Strophe:
"Wir sind gut betuchte Lumpen, wir sind Macher und Entscheider. Ein Mashup aus Magnum, Rocky, Colt Seavers und MacGyver. Wir posieren in Posen, sind sensible Mimosen. Stehen unter Strom, arbeiten an Rechnern, spielen an Konsolen. Wir umzäunen Gemäuer, und wir streunen um die Häuser, unsre Frauen finden alle unsre Freunde bescheuert. Wir können überall schlafen, wir brauchen manchmal Zeit für uns. Für uns ist lustig ein Gefühl, das ist auch eine Kunst."  

Jetzt wird es schon schwieriger: Zeit für uns brauchen wir, Mimosen sind wir bestimmt auch ab und an. Aber was ist mit Rocky und Co.? Sind die Fernsehhelden aus der Sportfreunde-Blumentopf-Jugend wirklich noch gültig? Habt ihr das Gefühl, wir wollen so sein wie die? Und seht ihr in uns Jungs die Macher und Entscheider, Computer-Nerds und Poser? Findet ihr alle unsere Freunde bescheuert?

Die dritte Strophe ist die kürzeste, und mit der kann ich am wenigsten anfangen - der Text ist hier vielleicht auch eher ein Produkt einer verzweifelten Reimsuche als dass er gültige Aussagen über uns treffen soll: "Wir sind die frommsten Lämmer, verkrachte Penner, Gefühlsverklemmer, der kleinste gemeinsame Nenner. Wir sind Männer! Ich kenn einen, der heißt Lennart, wir werden zu lange gepampert, und dann sollen wir ans Lenkrad." Nur im letzten Satz steckt eine Aussage, zu der ich eure Einschätzung noch ganz gerne hätte: Werden wir wirklich zu lange verwöhnt?

Auf der nächsten Seite liest du die Mädchenantwort.


Die Mädchenantwort von martina-holzapfl:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Liebe Jungs,

dann gehen wir die Lyrics mal zusammen durch.

Das mit dem "über die Stadt fliegen" (What...) und "krass sein" (...the hell?) können wir, da habt ihr Recht, kommentarlos überspringen. Das ist so doof, dass es eigentlich ganz süß ist.

"Wir können alles machen, wenn uns nur jemand sagt, was."
Dahinter vermutest du eine gewisse, angeblich männliche Orientierungslosigkeit. Ist unserer Meinung nach  Quatsch. Ihr wisst doch oft ziemlich genau, was ihr wollt und darüber sind wir heilfroh. Männer ohne Plan sind hochgradig unattraktiv. Bestätigen können wir hingegen eine ausgeprägte Hilfsbereitschaft eures Geschlechts. Auch wenn ihr Dinge nicht beherrscht, seid ihr sofort drauf und dran, sie zu erlernen, so bald wir sagen: Hä? Wie geht das? Kannst du mal? Holst du mir? Ich würde nicht ausschließen, dass wir Frauen da manchmal etwas bequemer sind und einfach sagen: Nö, keine Ahnung, oder Geht gerade nicht. Für euch bedeutet ein: Das funktioniert nicht! eine Competition, für uns heißt es ziemlich oft: Boah nee, dann eben nicht. Dafür lieben wir euch.

Zur ersten Strophe: "Wir kommen ganz ohne Extras, nach neun Monaten Lieferzeit, haben ne Schraube locker, aber sind sofort betriebsbereit. Wir werden in Whiskey getaucht und von Schiris verwarnt. Wir kommen als kleine Jungs getarnt, liefern Power on Demand. Wir sind mit Kumpels verschweißt, werden in Schablonen gepresst, kommen ohne Garantie ab Werk mit Tränendrüsendefekt. Wir sind aus Kraftstoff gewebt, zwischen zwei Terminen gebaut, und unsere Frauen laden unsre leeren Batterien auf."

Stimmt vielleicht so halb. Aber: Säuft wirklich jeder Junge Whiskey oder spielt Fußball? Während Mädchen  immer bei ihrem Sex on the beach und den Ballettschuhen bleiben? Und die Sache mit der Tränendüse ist doch irgendwie auch etwas überkommener Bullshit. Und dass es besonders männertypisch ist, die Kraft aus der Liebe zu ziehen, würden wir so auch nicht behaupten. Machen wir nämlich auch.

Zur zweiten Strophe: "Wir sind gut betuchte Lumpen, wir sind Macher und Entscheider. Ein Mashup aus Magnum, Rocky, Colt Seavers und MacGyver. Wir posieren in Posen, sind sensible Mimosen. Stehen unter Strom, arbeiten an Rechnern, spielen an Konsolen. Wir umzäunen Gemäuer, und wir streunen um die Häuser, unsre Frauen finden alle unsre Freunde bescheuert. Wir können überall schlafen, wir brauchen manchmal Zeit für uns. Für uns ist lustig ein Gefühl, das ist auch eine Kunst."

Wie du schon sagst, kann man so seine Probleme haben mit dieser Strophe. Noch mehr ausgelutschte Klischees, noch dazu solche, die man eher Männern ab Mitte 40 zutrauen würde. Aber vielleicht muss man da nachsichtig sein, weil die Herren von Blumentopf und den Sportfreunden auch nicht mehr die Jüngsten sind. Das einzige, was einen Hauch von Originalität hat, ist die Formulierung mit "lustig" als Gefühl, das müsstet ihr uns aber bei Gelegenheit noch mal genauer erklären. Ansonsten finden wir, dass ihr in diesem Lied insgesamt schrecklich viel schlechter wegkomt, als ihr in Wirklichkeit seid. Vieles klingt, als sei da jemandem nichts eingefallen. Oder, und das wollen wir mal stark hoffen, dieses Lied will einfach nur eine Parodie auf flache Männer-sind-Sprüche sein.

Weil: Natürlich finden wir eure Freunde nicht bescheuert und natürlich seid ihr nicht alle Nerds und Poser und Gefühlsverklemmer. Und um auf deine Frage nach dem Verwöhntwerden zurückkommen: Ist das nicht total abhängig davon, wie es eure Eltern jeweils so mit der Erziehung halten? Es stimmt schon, dass Mütter grundsätzlich eher schlecht ihre Söhne loslassen können und dass das bisweilen nicht nur anstrengend werden kann, sondern auch ein paar kleine Bequemlichkeits-Spuren hinterlassen kann. Das kann man aber längst nicht auf alle von euch runterbrechen. Und auch Töchter werden verwöhnt, von ihren Vätern nämlich.

Was aber tatsächlich sehr interessant ist, ist die brennende Neugierde, mit der ihr versucht, dem Wahrheitsgehalt dieses Songs auf den Grund zu gehen. Denn irgendwie - und vielleicht will dieser Song ja wirklich auch genau in diese Kerbe hauen - spricht eine Unsicherheit ob eurer Männerolle aus dieser Neugierde. Wir finden eigentlich, dass die unbegründet ist, denn ihr seid im Durchschnitt doch eine ziemlich tolle Generation von Typen, die uns weder altmännermachomäßig klein halten wollen, noch sich wie total emomäßige Weicheier hinter unserem Rücken verstecken.




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