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Geheime Gesetze (11): Supermarkt-Alzheimer

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Supermärkte sind Schlaraffenländer: Goji-Beeren, Lachsfilets und Übersee-Weine springen in den Einkaufskorb, drei verschiedene Sorten Kiwis wollen gekostet werden. Bio-Produkte im Kühlregal und fair gehandeltes Ölivenöl erhöhen Moral und Selbstwertgefühl, Impulskaufregale an der Kasse schubsen bunte Schokoriegel und medizinische Kaugummis auf das Band. Überall locken freundlich beleuchtete Warenwelten den Kunden, dass ihm ganz blümerant wird und er kauft, kauft, kauft.
 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Das kann als selbstbestimmter, hedonistischer Konsument großen Spaß machen. Zumindest in den Premium-Läden, wenn man sie sich leisten kann. In kontofreundlicheren Discountern und besonders ihren bahnhofsnahen Filialen gleicht der Einkauf eher einem Bankraub: Schnell rein, schneller wieder raus, nicht erkannt werden. Vorbei an den Gestalten am Schnapsregal. Keinen ungesunden Quatsch mitnehmen. Die Beute heil nach Hause bringen.
Doch egal ob Bio-Markt oder Resterampe, egal ob Großeinkauf oder Spontanshopping: Man ist abgelenkt. Im Feinkostschuppen von den Möglichkeiten, sein Leben zu bereichern, im Discounter von den Gefahren, sein Leben zu verpfuschen. Und es verwundert kaum, dass daheim die ewig gleiche Litanei herrscht: Mist, schon wieder das Klopapier vergessen! Denn das Geheime Gesetz des Einkaufs besagt: Es bleibt immer etwas im Laden zurück, das zu den essentiellen Zutaten eines guten oder wenigstens funktionierenden Lebens gehört.
Man hat ein typisches first-world-problem, ein Luxusproblem, wenn man wie im Werbesong vollgepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen zu Hause sitzt, aber keine Spülmaschinentabs mehr hat, um das beim geplanten Festmahl anfallende Geschirr zu reinigen. Im Konsumrausch oder in der Eile achtete man auf Sonderangebote, die kürzeste Schlange und hübsche Regalnachbarn. Aber nicht auf die Basics des modernen Haushaltes. Banale Wichtigkeiten wie Topfreiniger, Salz und Seife sind eben selten sexy. Deswegen sortiert sie das Gehirn des Jägers und Sammlers hinter die Lustkäufe. Von diesen umringt sitzt man dann erschöpft in der Küche und fragt sich: Wo war eigentlich meine Einkaufsliste? Warum habe ich statt der Müllsäcke nicht die Mandelsplitter liegen lassen? Muss ich jetzt noch mal los? Und: Ob es wohl auch im Schlaraffenland an Klopapier mangelt?

Text: friedemann-karig - Illustration: katharina-bitzl

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