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„Ich will Glück schenken“

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Chronisch kranke Menschen haben aufgrund ihres Handicaps oft zu viel Selbstzweifel. Das will die Passauer Studentin Andrea Krallinger mit ihrem Fotoprojekt ändern. Sie setzt ihre Models auf den Bildern so in Szene, dass sie schön aussehen - denn so sollen sich fühlen. Alles fing mit einer Kommilitonin an, die auf Krücken gehen muss, aber ein sehr lebenslustiger Mensch ist. Jetzt macht ihr Projekt die Runde, sie bekommt bergeweise Anfragen von Interessenten, die auch teilnehmen wollen. Die junge Studentin fährt von einem Fotoshooting zum nächsten. Das findet immer dort statt, wo sich die Teilnehmer am wohlsten fühlen, zum Beispiel an ihrem jeweiligen Lieblingsplatz in ihrer Stadt. Jetzt stellt Andrea ihre Fotos das erste Mal aus. Das Projekt geht für sie aber noch weiter.

jetzt.de: Wer interessiert sich für ein Fotoshooting mit dir?
Andrea: Oh, die Mischung ist ziemlich bunt. Vom 19-jährigen Mädchen bis zum Rentnerpärchen war bisher alles dabei. Grundsätzlich melden sich aber mehr Frauen als Männer. Auf der Warteliste stehen nun auch Kinder. Du kannst dir gar nicht vorstellen, welch großes Problem ein krankes oder behindertes Kind für manche Eltern darstellt. Umso schöner fand ich, dass einige Eltern ihre Kinder für mein Projekt angemeldet haben. Das zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Tina Jahns hat spinale Muskelatrophie und reitet für ihr Leben gerne

Was steckt hinter der Idee, Kranke zu fotografieren?
Das ist eine längere Geschichte: Ich selbst bin schwerbehindert. Man sieht es mir nicht an, aber ich lebe schon seit meinem 13. Lebensjahr mit Epilepsie. Aus meinen weniger guten Zeiten weiß ich, wie es ist, krank zu sein. Anders zu sein. Eingesperrt im eigenen Körper, einfach hilflos und einsam. Und genau hier will ich ansetzen. Diese Gefühle haben mit Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein zu tun. Und das kann man ja am besten durch Bilder ausdrücken. Zu sehen, wie schön man ist, obwohl, oder gerade weil man anders ist. Das hat mich angespornt.

Musstest du den Models während des Fotoshootings Anweisungen geben?
Teilweise gebe ich Anweisungen, manchmal muss ich aber gar nichts tun. Die Fotos entstehen oft, während wir uns unterhalten, die Teilnehmer ihre Geschichte erzählen oder wir einfach nur rumblödeln. Ab und zu helfe ich schon ein bisschen. Es liegt aber immer am Model, also wie der Mensch sich zeigen will und mit welchem Ausdruck er sich auf Bildern verewigen lassen möchte.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Anna (im Bild links) hat Krebs und Diabetes und hat bei dem Projekt mitgemacht. Julia hatte sichtlich Spaß bei dem Fotoshooting. Ihre Diagnose: Morbus Crohn

Was möchtest du mit den Bildern ausdrücken, was sollen sie ausstrahlen?
Die Bilder sollen in erster Linie den Teilnehmern gefallen. Sie sollen ihre Bilder ansehen und denken Ich bin schön!. Das gibt jede Menge guter Gefühle, und wenn man sich gut fühlt, dann hadert man auch nicht mehr so schnell mit sich. Die Bilder sollen aber auch ausdrücken, dass man viele Handicaps nicht sieht. Und nur weil man sie nicht sieht, heißt es nicht, dass diese Behinderungen nicht existieren. Oder man sie nicht ernst nehmen muss. Im Gegenteil: Wir müssen sensibler im Umgang miteinander werden. Jeder Mensch ist einzigartig und wertvoll. Viel zu oft gehen wir, die anders sind, in der Gesellschaft unter. Und mit meinen Bildern will ich das ändern.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Fotografin Andrea Krallinger liebt es, emotionale Momente in Bildern festzuhalten

Was ist dein Ziel, das du mit der Ausstellung erreichen möchtest?
Das klingt jetzt kitschig, aber ich meine es ernst: Ich will Glück schenken. Wenn jemand beim Betrachten der Bilder lächelt, dann ist das schon fast genug. Und wenn jemand beginnt, über sich, seine Lebenswelt und den Umgang mit Menschen, die anders sind, nachzudenken, dann habe ich mein Ziel erreicht.

Wie geht das Projekt jetzt weiter?
Für die Ausstellung in Passau ist bis auf ein Shooting alles im Kasten. Anfragen nehme ich aber weiterhin sehr gerne an. Jetzt steht aber erst einmal die Vereinsgründung auf dem Plan viele liebe Menschen und Firmen möchten nämlich meine Arbeit unterstützen und wollen, dass ich weitermache. Dazu muss ich aber Spendenquittungen ausstellen können. Danach kann ich so richtig durchstarten, die Ideen und Anfragen sind da, leider fehlt es wie so oft am Geld. Durch den gemeinnützigen Verein soll sich das aber ändern.


Andreas Ausstellung kannst Du von 02. Bis 12. Oktober in der Magistrale im Passauer Klinikum ansehen.

Text: laurie-hilbig - Bilder: Andrea Krallinger, HolgerMC

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