Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Mädchen, nerven euch eure Mama-Freundinnen?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Die Jungsfrage:

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Neulich berichtete mir eine gute Freundin von einem Abendessen mit ihren besten Freundinnen. Mädchenabend, das machen sie einmal im Monat, und normalerweise scheinen das recht lustige Veranstaltungen zu sein, mit interessantem Tratsch und lustigen Geschichten, die auch mir hin und wieder zugetragen werden. Diesmal war das anders. Keine lustigen Geschichten. Im Gegensatz zu sonst war die Freundin dieses Mal ziemlich zerknirscht und aufgewühlt.

Eine ihrer besten Freundinnen hatte vor einer Weile nämlich ein Kind bekommen, die anderen beiden waren schwanger. Eine saß schon mit sichtbarem Kugelbauch im Restaurant, bei der anderen war er erst in Ansätzen erkennbar. Die Gespräche an diesem Abend drehten sich vor allem um die Inhalte ihrer Bäuche, und um das, was sein würde, wenn die Kinder dort herausgeschlüpft wären.

Die meisten Mädchen reden meiner Erfahrung nach gerne über schwangere Bäuche, Kinder und alles, was damit so zusammenhängt. Deshalb wunderte mich die ausgewachsene Zerknirschtheit der Freundin ziemlich. Sie ist weder eine Kinderhasserin noch wünscht sie sich seit vielen Jahren selbst ein Kind – beides hätte ihre Stimmung erklären können.

Meine Vermutung ist eine andere: Wenn die besten Freundinnen schwanger werden oder Kinder haben, ist das eine ziemliche Veränderung in ihrem Leben und damit auch potenziell eine Veränderung für die Freundschaft. Die Baby-Themen sind wichtiger als die, die vorher im Zentrum standen, die Mädchen, die gerade einfach noch Mädchen waren, sagen und tun plötzlich keine Mädchensachen mehr, sondern Mamasachen.

Auch wir Jungs unterhalten uns natürlich mit unseren Werdende-Väter-Kumpels über ihre Papa-Neuigkeiten. Für sie ist das ja auch eine große Sache und einschneidende Veränderung – aber sie ist nun mal ein bisschen weniger groß und im Alltag weniger spürbar als bei euch. Wir Jungs haben deshalb keine Angst, dass unsere Freunde uns von ihrem Baby quasi weggenommen werden.

Kann es sein, dass bei euch Mädchen diese Angst ein bisschen größer ist? Ist es für euch doof, wenn die besten Freundinnen aufs Mama-Dasein zusteuern und ihr nicht? Wie geht ihr Mädchen mit diesen Interessenverschiebungen in eurem engsten Freundeskreis um?

Auf der nächsten Seite liest du die Mädchenantwort.



Die Mädchenantwort von penni-dreyer:

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Im Leben eines jeden weiblichen Wesens kommt früher oder später der Moment, an dem es glaubt, auf einmal in einen falschen Film geraten zu sein: Gerade eben noch ist sie mit ihren Freundinnen morgens um fünf Uhr aus der Kneipe gefallen, hat sich die letzte und die allerletzte und auch die aller-allerletzte Zigarette mit ihnen geteilt und durfte jederzeit in der Badewanne oder auf dem Sofa übernachten. Und dann kommt der Tag (man hat es ja eigentlich schon geahnt, weil sie gar so eigenartig um das Rendezvous gebeten hatte), an dem man in einem dieser verspielt-weiblichen Tages-Café sitzt und die Freundin erst so ein bisschen umstandskramt und dann doch den Satz völlig unvermittelt auf den Tisch erbricht: „Also, ich muss dir was sagen, ich bin schwanger."

Dann kommt es darauf an: Ist man ein herzensguter Mensch ohne dunkle Flecken auf der Seele, der völlig im Reinen mit sich ist und Neid nur vom Hörensagen kennt, dann freut man sich aufrichtig für die Freundin und fängt gleich mal an, den Bauch anzustarren und zu streicheln und jede Frage zu stellen, die man schon immer einer Schwangeren stellen wollte, sich aber nicht traute, weil man nicht per du mit ihr war. Ist man aber eher so die Durchschnittstype, die manchmal schier verzweifelt vor lauter Unsicherheit über den Weg, den ihr Leben gehen soll, und für die der Neid im bunten Strauß der Emotionen ein guter alter Bekannter ist, dann denkt man sich nach diesen Worten erst mal: „Scheiße, scheiße, scheiße!!!!! Warum?!?!?! Wieso ausgerechnet sie? Was mache ich denn jetzt? Wie viele Freundinnen habe ich jetzt noch ohne Kinder? Soll ich vielleicht in einer anderen Stadt gleich ganz neu anfangen? Ich brauche neue Freunde! Mit denen ich über doofe Eltern und ihre dicken Kinder lästern kann! Ich will auch ein Kind! Die Kuh, wie kann sie mich jetzt alleine lassen?!" Und dann sagt man „Echt? Wahnsinn! Super, ich freu mich so für dich", und geht erst mal vor die Türe, eine rauchen, mit einem noch viel schlechteren Gewissen, als vorher schon. Weil: Natürlich ist man froh, wenn die Freundinnen das bekommen, was sie sich wünschen. Man will sie unterstützen auf ihrem Weg und helfen und sich freuen.

Aber die Schwangerschaft einer sehr guten Freundin bedeutet auch für einen selbst große Veränderung - und man hat ja nicht mal was davon! Außer, dass man die Freundin jetzt nicht mehr nur mit ihrem Typen teilen muss (der neuerdings bei ihr wohnt, weshalb der schöne Sofa-Platz schon seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt werden konnte). Sondern auch noch mit einem echten, lebendigen Baby, dem riesengroßen Wendepunkt des Lebens.

Was genau das für die Freundschaft bedeutet, kann man nicht wissen. Man kann aber ahnen, dass die neuen Mütter für die Dramen der eigenen Borderline-Single-Existenz im Angesicht von Baby-Kotze und Windeleimer und Wochenbettdepression und Dammriss und anderen unerquicklichen Begleiterscheinungen eines eigenen Kindes nicht mehr ganz so viel Verständnis haben werden. Ich kann deine Freundin wirklich sehr gut verstehen. Und weiß auch keinen Rat, außer dem, dass sie jetzt sehr viel Geduld braucht – mit ihren sich vermehrenden Freundinnen, aber auch mit sich selbst. 

  • teilen
  • schließen